Dritte Scene.

[102] Im nächsten Augenblick huscht Breite, verwacht, notdürftig gekleidet, scheu ins Zimmer zurück, als wenn sie vor etwas erschreckt sich verbürge. Darnach leise Tritte im Hausflur, und Joseph erscheint geräuschlos an der offenen Stubenthür.


JOSEPH starrt Breite lange an. Was machst Du hier?

BREITE regt sich nicht; fröstelnd.

JOSEPH kommt über die Schwelle, gedämpft. Die schlafen! Die schlafen! Er wendet sich wieder zur Thür. Sprich kein Wurt – und kumm! – Fir Dich es wäre weiß Gott auch besser, daß Du bei Deinem Kinde bliebst – und mir nicht ewig wie ein Hund auf die Fersen wärst. Verstihst Du!

BREITE hastig. Joseph –

JOSEPH kalt abwehrend. A! luß mich, verliebtes Weib.

BREITE ratlos in sich hineinfröstelnd.

JOSEPH blickt verächtlich an den Wänden herum. Was machst Du eigentlich hier? Plötzlich befehlerisch. Kumm hinauf! Du hust hier nichts zu suchen!

BREITE unbeweglich.

JOSEPH starrt sie wieder an.[102]

BREITE gehetzt. Joseph, wu warscht Du?

JOSEPH höhnisch. Jajajaja, das möchst Du wissen! Das glaub ich! Erbittert. Ganzen Tag an der Kette liegen – und fir Eich schuften – und nich mal abends sullen bissel Freiheit kusten! Das glaub ich! Er ist ins Haus getreten. Hart. Kumm hinauf!

BREITE sich plötzlich an ihn hängend. Joseph, ich ha' doch an sune Angst ausgestanda – ha' ich – daß De mich und's Jungla de ganze Nacht asu alleene –

JOSEPH verächtlich. Ach, häng' Dich nich su an mich, verliebtes Weib. Ich hab Dich satt!

BREITE ratlos starr.

JOSEPH. Du willst wull den stillen, schleichenden Alten aufstacheln gegen mich? – Gedehnt. Was? Er geht ins Haus.

BREITE unbeweglich an der Thür.

JOSEPH stößt sie leicht ins Zimmer zurück. Su bleib, bleib, bleib! Verstihst Du! Ich hab Eich satt! Man hört noch, während er die Treppe hinauf verschwindet. Ich hab Eich satt!


Unterdessen erscheint Tine mit Laterne vom Stall.


Quelle:
Carl Hauptmann: Ephraims Breite. Berlin 1900, S. 102-103.
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