Sechste Scene.

[108] BAUER kommt aus dem Stübel und setzt sich an den Tisch.

BÄUERIN trägt einen Topf Kaffee auf den Tisch und gießt ein.

BAUER sitzt stumm.

BÄUERIN stellt sich trinkend daneben.

BAUER dumpf. s' war doch an sune Unruhe eim Hause!

BÄUERIN. Bei ins werd wull noch manchmol an Unruhe sein! Das wär a Wunder!

BAUER am Kaffee schmeckend. Dar Koffee – dar Koffee? Was hust D'n mit dam Koffee gemacht?

BÄUERIN. Nee, was sohl ich d'n gemacht ha'n? Ich ha reenes Wasser genumma – und Kernla, wie immer. Das werd wull a' Dir liega.

BAUER stößt seine Tasse fort. Nach einer Weile. Ich ha' weeß Got noch amol geschlofa! – Aber wie ich ufwachte – ei d'r Nacht – hiert ich doch das Jungla schrei'n – und se liffa hie und har – 's war iberrhaupt an sune Unruhe eim Hause. Hot's etwa mit'n Jungla was gega'n?

BÄUERIN. Ach, wuhar ock! De Breite is ju runder!

BAUER. 's Madel is runder!?[108]

BÄUERIN höhnisch. De junge Frau is runder – und dar junge Herr Joseph werd wull erscht 'nuf sein.

BAUER gleichgültig. Was?

BÄUERIN. Dar Herr Joseph werd wull heute amol gar bei dam bihmscha Harfamensche genächtigt ha'n!

BAUER wie aus einem Traum erwachend. Was sa'st Du? Mutter?

BÄUERIN. Nu freilich! Asu is au. Aber daß Du noch amol urntlich neifihrscht ei das Gesindel! Nee nee! D'r Vater darf nee nuf kumma, das muß alles immer asu zahm gihn, wie's die Junge ha'n wihl. 's kinnte ju amol a wing an Strauß ga'n. Denn die werd sich immer noch eibilda, daß Wunder kumma. Nu hot se ihr Wunder. Und das werd noch immer asu weiter gihn.

BAUER gedämpft in sich hinein. Ephraim's Gotlieb! Bist De d'n nimmeh d'rheeme? Sein D'r d'n de Adern schun asu treuge gewor'n, daß De Dich nimmeh ufraffa kanst! Mächtiger. Was werd' noch immer asu weiter gihn, Mutter?

BÄUERIN. Oh! Fräu ock's Madel salber! – D'r Joseph is doch ebens de ganze Nacht nee heemgekumma.

BAUER mächtiger. Mutter! Mutter! – Ich war uf eemol asu sahend. Ich war uf eemol asu sahend. War ich d'n werklich d'r Pauer nimmeh? Immer zorniger. Ha ich jitzte nimmeh Macht, zu thun und lussa, was ich wihl? Er hat sich erhoben. Ich war mei' Haus reeniga! Ich war mei' Haus reeniga! Ruft m'r Josepha! Ruft m'r mei' Madel! Tine ist herbeigeeilt.[109]

BÄUERIN ängstlicher. Tine, ruf amol 's Madel!

BAUER. Wu is se hie?

TINE weinend. Se wullte – se rannte – se hatte doch asu geflennt – Ab.

BAUER noch wie vorher. Hahaha –! Ha' ich dam Gesindel a Hof ufgethan, daß se mir de Schande ei's Haus lussa! – Mutter! Ruft m'r Josepha! Ruft m'r mei' Madel!

BÄUERIN rufend. Tindla – wu is se denn? – Jeses! Jeses! Ratlos ohne zu gehen.


Quelle:
Carl Hauptmann: Ephraims Breite. Berlin 1900, S. 108-110.
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