Zwölfte Szene

[728] AGNES tritt wieder ein, aber ohne die Kleinodien. Nun, mein Albrecht?

ALBRECHT. Ja, Agnes, nun werd ichs bald sehen, ob du von deinem Vater was gelernt hast, ich werde bloß, um dich auf die Probe zu stellen, ein Paar Beulen von Regensburg mitbringen! Aber, was hast du gemacht? Mein Werk wieder zerstört? Nein, wirst du sagen, Gottes Werk wieder hergestellt! Und es ist wahr, ich hatte es nur verdorben, wie der Knabe die Lilie, die er mit Nelkenblättern bestreut! Du tatest wohl, den bunten Überfluß abzuschütteln.

AGNES. Ich habe alles gehört, alles! Ich mußte!

ALBRECHT. Alles, nur meine letzte Antwort nicht! Fürchte nichts[728] von meinem Ungestüm, ich halte sie zurück, solange ich kann, auch jetzt noch! Aber im äußersten Fall: Hier ist sie! Er umarmt sie. Wir sind vereint, nur der Tod kann uns noch trennen, und der ist sein eigner Herr! Auch gibts auf der ganzen Welt keinen Mann, der sich schneller in etwas ergibt, wie mein Vater, wenn er sieht, daß nichts mehr zu ändern ist! Nun in die Rüstkammer! Nothhafft und Törring nehm ich mit, Frauenhoven bleibt hier zu deinem Schutz!

AGNES. Es ist nicht Furcht, was mich bewegt! Den Schwindel hab ich überwunden! Aber – Sieh, mein Albrecht, es tut mir weh, wenn ich mir denke, daß ganz Augsburg mich für etwas anderes, als für deine Gemahlin hält; und der Trost, vor Gott rein dazustehen, reicht nicht immer aus, kaum, laß michs bekennen, das Gefühl, mein Glück damit zu bezahlen. Doch ich will es gern mein ganzes Leben lang ertragen, wenns nur zwischen dir und deinem Vater Friede bleibt. Wie fürchterlich wars mir früher schon immer, wenn sich Freunde und Brüder meinetwegen entzweiten, und von wie manchem Tanz blieb ich weg, ums nur nicht zu sehen! Und was war das gegen dies!

ALBRECHT. Diesmal ist gar nichts zu besorgen! Auch ein Fürstensohn darf sagen: ich will die nicht! und wenigstens: ich will noch nicht! Aber zusammenhauen will ich sie – Hei! wer mich bisher schon einen guten Fechter genannt hat, der soll sich schämen, und ein jeder soll sichs im stillen zuschwören, mir nie wieder in den Weg zu treten, auch wer selbst nichts abbekommt! Beide ab.


Regensburg.


Quelle:
Friedrich Hebbel: Werke. Band 1–5, Band 1, München 1963, S. 728-729.
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