Zehnte Szene

[178] HAGEN.

Nun tretet um mich her und haltet gleich

Das peinliche Gericht.

GUNTHER.

Wie redest du?

HAGEN.

Fehlts hier am Grund? Dort steht die Königin

Und weint die heißen Tränen, welche ihr

Der Schimpf entpreßt!


Zu Brunhild.


Du edles Heldenbild,

Du einzges, dem auch ich mich willig beuge:

Der Mann muß sterben, der dir das getan!

GUNTHER.

Hagen!

HAGEN zu Brunhild.

Der Mann muß sterben, wenn du selbst

Nicht zwischen ihn und deinen Rächer trittst.

BRUNHILD.

Ich eß nicht mehr, bis ihr den Spruch vollzieht.

HAGEN.

Vergib mir, König, daß ich sprach vor dir,

Ich wollte dir nur zeigen, wie es steht,

Doch kannst du dich noch immer frei entscheiden,

Dir blieb die Wahl ja zwischen ihm und ihr.

GISELHER.

So wird das Ernst? Um einen kleinen Fehl

Wollt ihr den treusten Mann der Erde morden?

Mein König und mein Bruder, sage nein!

HAGEN.

Wollt ihr Bastarde ziehn an eurem Hof?

Ich zweifle, ob die trotzigen Burgunden

Sie krönen werden! Doch du bist der Herr!

GERENOT.

Der tapfre Siegfried wird sie schon bezwingen,[178]

Sobald sie murren, wenns uns selbst nicht glückt.

HAGEN zu Gunther.

Du schweigst! Wohlan! Das übrige ist mein!

GISELHER.

Ich scheide mich von eurem Blutrat ab!


Ab.


Quelle:
Friedrich Hebbel: Werke. Band 1–5, Band 2, München 1963, S. 178-179.
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