Erste Szene

[549] Mariamne. Alexandra.


ALEXANDRA.

Du gibst mir Rätsel auf. Zuerst der Schwur:

Ich töte mich, wenn er nicht wiederkehrt!

Dann bittre Kälte, als er kam, ein Trotz,

Der ihn empören mußte, wie er mich

Erfreute! Nun die tiefste Trauer wieder!

Den mögt ich sehn, der dich begreifen kann.

MARIAMNE.

Wenn das so schwer ist, warum plagst du dich?

ALEXANDRA.

Und dann die widerwillig-herbe Art,

Mit der du den Soemus ferne hältst!

Man siehts ihm an, er hat was auf dem Herzen –

MARIAMNE.

Meinst du?

ALEXANDRA.

Gewiß! Auch mögt ers uns vertraun,

Allein er wagt es nicht, er würde sich,

Wenn er dich in den Jordan stürzen sähe,

Vielleicht bedenken, ob er dich vom Tod

Auch retten dürfe, und er hätte recht,

Denn maßlos schnöde bist du gegen ihn!

MARIAMNE.

Nicht wahr, Herodes wird nicht sagen können,

Ich hätte seinen Freund versucht, ich hätte

Ihm sein Geheimnis, wenn er eines hat,

Mit Schmeicheln abgelistet. Nein, ich stells

Dem Himmel heim, ob ichs erfahren soll!

Mir sagts mein Herz, ich wage nichts dabei![549]


Quelle:
Friedrich Hebbel: Werke. Band 1–5, Band 1, München 1963, S. 549-550.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Herodes und Mariamne
Herodes Und Mariamne
Herodes Und Mariamne
Herodes Und Mariamne (Dodo Press)
Herodes und Mariamne
Herodes Und Mariamne: Eine Tragödie in Fünf Akten (German Edition)