Vierte Szene

[406] SEBASTIANO kommt.

Das war ein Tag, wie zwei. So gehts mir stets,

Wenn ich mir meine Freude merken lasse.

Mein Herr verträgt kein fröhliches Gesicht,

Seit ihm die Gicht in beide Beine fuhr.

Der alte Pater harrt. So ist doch alles

Zu etwas gut auf Erden! Hätte dieser

Nicht meiner Schwester – habe Gott sie selig,

Trotz ihres Fluchens auf dem Sterbebett! –

Die Absolution versagt und so

Den Kopf verrückt, er tät es nimmermehr!

Zwei Stunden sinds von hier. Das ist bei Nacht,

Was eine halbe wär am heißen Tag! –

Wenn sie nur kommt! Nur einen Funken Mut,

Nur einen blase in ihr an, o Gott,

So mancher wird zu schlechtem Zweck verschwendet.

Und sie, sie sündigt sicherlich doch eher,

Wenn sie sich einem Vater, wie dem ihren,

Nicht widersetzt, als wenn sie endlich sich

Erinnert, daß sie Mensch ist, wie er selbst,

Und ihm –


Er erblickt die Tote.


Unmöglich! Blutend! Tot!


Er sinkt an ihr nieder.


Ja, tot!

Kann das denn wirklich auf der Welt geschehn?

Ermordet! Solche ein Kind! O Bube! Bube!

Warum kamst du so spät! Der Dienst! Was Dienst!

Gabs keinen andern mehr?


Wütet gegen sich.


Quelle:
Friedrich Hebbel: Werke. Band 1–5, Band 1, München 1963, S. 406.
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