Caput XVII

[477] Ich habe mich mit dem Kaiser gezankt

Im Traum, im Traum versteht sich –

Im wachenden Zustand sprechen wir nicht

Mit Fürsten so widersetzig.


Nur träumend, im idealen Traum,

Wagt ihnen der Deutsche zu sagen

Die deutsche Meinung, die er so tief

Im treuen Herzen getragen.


Als ich erwacht', fuhr ich einem Wald

Vorbei, der Anblick der Bäume,

Der nackten hölzernen Wirklichkeit,

Verscheuchte meine Träume.


Die Eichen schüttelten ernsthaft das Haupt,

Die Birken und Birkenreiser,

Sie nickten so warnend – und ich rief:

»Vergib mir, mein teurer Kaiser!


Vergib mir, o Rotbart, das rasche Wort!

Ich weiß, du bist viel weiser

Als ich, ich habe sowenig Geduld –

Doch komme du bald, mein Kaiser!


Behagt dir das Guillotinieren nicht,

So bleib bei den alten Mitteln:

Das Schwert für Edelleute, der Strick

Für Bürger und Bauern in Kitteln.


Nur manchmal wechsle ab, und laß

Den Adel hängen, und köpfe

Ein bißchen die Bürger und Bauern, wir sind

Ja alle Gottesgeschöpfe.
[477]

Stell wieder her das Halsgericht,

Das peinliche Karls des Fünften,

Und teile wieder ein das Volk

Nach Ständen, Gilden und Zünften.


Das alte Heilige Römische Reich,

Stell's wieder her, das ganze,

Gib uns den modrigsten Plunder zurück

Mit allem Firlifanze.


Das Mittelalter, immerhin,

Das wahre, wie es gewesen,

Ich will es ertragen – erlöse uns nur

Von jenem Zwitterwesen,


Von jenem Kamaschenrittertum,

Das ekelhaft ein Gemisch ist

Von gotischem Wahn und modernem Lug,

Das weder Fleisch noch Fisch ist.


Jag fort das Komödiantenpack,

Und schließe die Schauspielhäuser,

Wo man die Vorzeit parodiert –

Komme du bald, o Kaiser!«

Quelle:
Heinrich Heine: Werke und Briefe in zehn Bänden. Band 1, Berlin und Weimar 21972, S. 477-478.
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