24. Klosterlied
Deutsch

[222] Aus dem Munde des Volks in Thüringen. Im Schweizerdialekt ists vollständiger und vielleicht auch besser; da es aber in diesem verständlicher ist, so mochts also stehen. In der Limpurgischen Chronik steht auch ein Lied einer Nonne, das sich anfängt:


Gott geb ihm ein verdorben Jahr

Der mich gemacht zur Nonne,

Und mir den schwarzen Mantel gab.

Den weissen Rock darunter u.f.
[222]

Kein' schönre Freud auf Erden ist

Als in das Kloster zu ziehn.

Ich hab mich drein ergeben,

Zu führen ein geistlich Leben;

O Liebe, was hab ich gethan!

O Liebe etc.


Des Morgens, wenn ich in die Kirche geh

Muß singen die Mess alleine;

Und wenn ich das Gloria patri sing',

So liegt mir mein Liebchen immer im Sinn,

O Liebe, was hab ich gethan!

O Liebe etc.


Da kömmt mein Vater und Mutter her,

Sie beten für sich alleine;

Sie haben schöne Kleider an,

Ich aber muß in der Kutten stahn;

O Liebe, was hab ich gethan!

O Liebe etc.


Des Abends, wenn ich schlafen geh,

So find ich mein Bettchen alleine;

So denk ich denn, das Gott erbarm!

Ach hätt' ich mein Liebchen in dem Arm,

O Liebe, was hab ich gethan!

O Liebe etc.

Quelle:
Johann Gottfried Herder: Stimmen der Völker in Liedern. Stuttgart 1975, S. 222-223.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Volkslieder
Werke: Zweiter Band. Volkslieder
Volkslieder
Volkslieder
Laßt in die Herzen sie dringen: Volkslieder (Insel Bücherei)
Werke. 10 in 11 Bänden: Band 3: Volkslieder. Übertragungen. Dichtungen