[276] S. Ausbund schöner weltlicher und züchtiger Lieder, quer 8.
Einmal in einem tiefen Thal
Der Kukuk und die Nachtigal
Eine Wett' thäten anschlagen,
Zu singen um das Meisterstück:
Wers gewönn' aus Kunst oder aus Glück;
Dank sollt' er davon tragen.
Der Kukuk sprach: »so dirs gefällt,
Hab der Sach einen Richter erwählt.«
Und thät den Esel nennen.
»Denn weil der hat zwei Ohren groß,
So kann er hören desto baß
Und was recht ist, erkennen!«
Als ihm die Sach nun ward erzählt,
Und er zu richten hat Gewalt,
Schuf er: sie sollen singen!
Die Nachtigal sang lieblich aus:
Der Esel sprach: »du machst mirs kraus;
Ich kanns in Kopf nicht bringen.«
Der Kukuk fing auch an und sang,
Wie er denn pflegt zu singen:
Kukuk, Kukuk! lacht fein darein,
Das gefiel dem Esel im Sinne sein,
Er sprach: »in allen Rechten
Will ich ein Urtheil sprechen.
Hast wohl gesungen, Nachtigal!
Aber Kukuk singt gut Choral,[276]
Und hält den Tackt fein innen.
Das sprech ich nach meinem hohen Verstand,
Und ob es gölt ein ganzes Land,
So laß ichs dich gewinnen.«
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