Neunte Scene.


[379] Vorige. Würges rasch eintretend.


WÜRGES.

Dacht' ich's doch! Da ist er.

Kommt, alter Freund! Man sucht Euch überall.

Es brennt.

NETTELBECK.

Wo brennt's?

WÜRGES.

Nicht weit vom Mühlenthor,

Bei Lorenz Rungen. Eine Bombe flog –

Kaum war der Parlamenter aus der Stadt –

In Rungens Dachstuhl – blautz und krach!

NETTELBECK.

Der Sünder!

Erst gestern sagt' ich ihm: schaff deine Gerste

Vom Boden weg! Und justement sein Haus?

WÜRGES.

Ja ja! Der Herr Franzose fuhr vorbei

Und sah sich's an und sah, daß dicht dabei

Der Pulverthurm –

NETTELBECK.

Herrgott, da muß ich hin;

Sonst, bei der lahmen Spritzenwirthschaft –


Er will eilig hinaus. Der Gefreite vertritt ihm den Weg.


GEFREITER.

Halt!

NETTELBECK.

Ja so! Das hätt' ich fast vergessen. Denkt nur,

Was man erlebt: da soll ich in Arrest,

Bloß weil ich mit dem Franzmann deutsch gesprochen.

WÜRGES.

Ei was nicht gar!

NETTELBECK.

Na, lieber Sohn, du siehst –

Hernach recht gern. Jetzt hab' ich mehr zu thun.[380]

GEFREITER.

Ich muß sehr bitten –

WÜRGES.

In drei Teufels Namen,

Da wird man auch noch lange parlamentern!


Geht eilig hinaus.


NETTELBECK tritt auf den Gefreiten zu, faßt ihn am Knopf.

Hört, Herr Gefreiter, allzuscharf macht schartig.

Ob es dem preußischen Staate nützlich ist,

Daß ich auf Latten liege, weiß ich nicht.

Doch daß es ihm durchaus nicht nützlich ist,

Wenn unser Pulverthurm zum Kukuk fliegt,

Das weiß ich ganz gewiß, und das begreift

Am End' auch so ein – Milchbart.

GEFREITER.

Herr, ich habe

Gemessensten Befehl –


Lärm auf der Straße.


Hoch Nettelbeck!

Gebt Nettelbeck heraus!


Quelle:
Paul Heyse: Gesammelte Werke. Band 10, Berlin 1872–1910, S. 379-381.
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