[387] Beim Aufgehen des Vorhangs ist ein Kellner beschäftigt, die Lichter anzuzünden. Brünnow und Gneisenau letzterer im Mantel, treten durch die Mittelthür ein.
BRÜNNOW.
Wir noch die Ersten? Um so besser! Gern
Fragt' ich Sie noch ein wenig aus. Denn spärlich
Und sehr veraltet hören wir das Neuste,
Seitdem der Seeweg nur uns offen blieb.
Ist's wahr, daß nach der Eylau-Schlacht der Kaiser
Sein sehr erschöpftes Heer längs der Passarge
Unthätig aufgestellt?
GNEISENAU.
Das Wirksamste,
Was ihm zu thun blieb. Denn sein linker Flügel
Stützt nun Lefebvre, der vor Danzig liegt,
Und wie er stets durch Sammlung aller Macht
Auf Einen Punkt die großen Schläge führt,
So fürcht' ich auch für Danzig. Schweren Herzens
Folgt' ich der Ordre, die von dort mich abrief;
Doch giebt es allerdings auch hier zu thun.[387]
BRÜNNOW.
Und wo hat unser Schill sich hingewandt?
GNEISENAU.
Die letzte Nachricht kam uns aus Stralsund.
Ich gäbe viel darum, den wackern Mann
Noch hier zu finden.
BRÜNNOW.
Seine Stellung ward
Unhaltbar. Unverzeihlich schien's da oben,
Daß ihn die Bürgerschaft auf Händen trug,
Und daß er stets zu kräft'gem Handeln drängte.
Auch wir sind übel angesehn und müssen
Die Gunst erschleichen, unser Blut zu opfern!
GNEISENAU.
Unselige Beschränktheit!
Der Kellermeister ist eingetreten und hat Brünnow ein Wort gesagt.
BRÜNNOW.
Sie verzeihn,
Mein Herr Major: Dienstsachen rufen mich;
Ich muß zu meinen Leuten. Doch bald bin ich
Zurück, Sie zur Parole abzuholen.
Leise.
Dafern Sie wünschen, Ihr Incognito
Zu wahren –
GNEISENAU.
Allerdings.
BRÜNNOW.
So nennen Sie
Nur meinen Namen. Als der Freund des Schill
Ward ich sein Erbe in der Gunst der Bürger.
Zum Kellermeister.
Der Fremde ist mein Gast. – Auf Wiedersehn!
Ab.
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