Erster Auftritt.

[231] Nante. Mine mit dem Korbe.


NANTE. Weiter geh' ich nu keinen Schritt. Hier bleib' ich mit dem Korbe. Und Du scheerst Dir an die Querstraße, wo der Herr mit seinem Wagen hält. Hieher soll er kommen, und das Geld mitbringen, und August auch, hier soll getheilt werden, hier ist's am sichersten, denn dort bei seinem Wagen könnt' ihm am Ende der Kutscher und Bedienter, oder was weiß ich? helfen und sie führen mit dem Kinde davon, und ich hätte das Nachsehen. Dem August trau' ich nicht und umsonst will ich mir nicht halbtodt geschleppt haben.

MINE. Na, und ich erst, meine Angst, wie wir bei der Schildwach vorbei flitzten. Aber Nante, eh' ich gehe, Du willst mich doch nicht etwa nur fort haben, daß Du unterdeß dem armen Jüngeken ein Leides –

NANTE. Ich glaube, Du bist besoffen! Wenn ich so 'was gespürt hätte, möchte sich wohl 'n Andrer mit der Geschichte eingelassen haben. So viel Merks hat der Nante auch noch, daß er einsieht, wie hier die Karte liegt. Bei[231] so'n Kinderraube, da kommt es ja alleben man darauf an, daß es lebendig bleibt. Ein todiger Leichnam hat ja hernach gar keinen Kurs nicht mehr.

MINE. Wenn's man nicht erstickt, mit dem Tuche im Munde.

NANTE. Wovor hat's denn die Nase?

MINE. Aber es liegt nun schon so lange eingemummelt –

NANTE. Und je länger Du hier stehst und sabberst, desto länger muß es liegen. Mach', daß Du fortkommst und bringst den Herrn her, und Augusten, denn ist Alles ausgestanden.

MINE. Ich will mir recht sputen, wenn ich'n man finde! Ab.

NANTE allein, er hat den Korb in einen zerbrochnen Planken geschoben und setzt sich daneben. Mir machen sie kein X für ein U. Auch der Musje August nicht. Da müßt' er früher aufstehn. Denn warum, ich habe in meinem Leben zu viel Erfahrungen gemacht.


Quelle:
Karl von Holtei: Theater. Ausgabe letzter Hand in sechs Bänden, Band 1, Breslau 1867, S. 231-232.
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