Zweyter Auftritt.

[8] Vorige, Bedienter.


BEDIENTER. Sr. Excellenz der Herr Graf von Warbing sind angekommen, und verlangen den Herrn Gerichtshalter.

NEURATH. Sogleich! – Das geht an die Uebergabe des Gutes. Geht ab.

HORFMANN. Nun, Musje Jakob! hat man bedacht, daß heute ein großer Tag ist?

BEDIENTER. Des jungen Herrn Geburtstag.[8]

HORFMANN. Des jungen Herrn? Seht doch, wie tölpelhaft! Des jungen gnädigen Herrn, des Herrn Barons von Dominique, so sagt man.

BEDIENTER. Er wills ja nicht haben.

HORFMANN. Macht nichts!

BEDIENTER. Er hat mir alle Titel verboten.

HORFMANN. Macht nichts! Er muß sie haben. Nun, hat man meine Aufträge erfüllt? Der Wein?

BEDIENTER. Ist sortirt, und herausgesetzt.

HORFMANN. Der Tisch für die Musikanten – ihr Frühstück?

BEDIENTER. Ist im Park, hinter dem neuen Tempel, im Bosquet angerichtet.

HORFMANN. Giebt der Gärtner Acht, daß sie sich nicht im Getränk übernehmen, ehe der Aktus an geht?

BEDIENTER. Es ist ihm bedeutet.

HORFMANN. Wer giebt Acht, daß sich der Gärtner nicht im Getränke übernimmt?

BEDIENTER. Seine Frau.

HORFMANN. Haben der Kantor und seine Jugend Kuchen genug?

BEDIENTER. Einen Berg von Kuchen.

HORFMANN. Wohl! Essen mögen sie im Ueberfluß! Nur vor Nachts kein Getränke, sonst kommen sie aus dem Takt.[9]

BEDIENTER. Der Kantor meint, wenn sie nur erst im Takt wären.

HORFMANN. Das geht den Kantor und den Hofmeister an, welche die Singerey besorgen. Verse, Musik und Gesang zu herrschaftlichen Festtagen, das ist so neu ausgekommenes Wesen, das braucht ein Haushofmeister nicht zu verstehen. Ehrenpforten – Vorschneiden, Illuminationen, Küche, Keller und Rechnungsbuch – darin bin ich perfekt.

BEDIENTER. Ja, das haben Sie mir schon oft gesagt.

HORFMANN. Wenn ihr's nur zu Herzen nähmt! – Was ich sagen wollte – Ist der Rasen um den neuen Tempel gestern Abend begössen, daß er heute schön frisch leuchte?

BEDIENTER. Wir haben ein Faß Wasser nach dem andern hingefahren, bis spät in die Nacht.

HORFMANN. Schön! denn das ist des Herrn Barons Lieblingsplatz.

BEDIENTER. Mit dem Platze und dem Tempel muß es eine kuriose Beschaffenheit haben.

HORFMANN. Der Herr Baron haben diesen Tempel ihrem gnädigen Papa, dem alten Herrn Baron von Dominique, zu Ehren gebaut.

BEDIENTER. Ich kann Ihnen sagen, an dem Platze habe ich den jungen Herrn schon etliche Male weinen sehen.[10]

HORFMANN. Ihr ungeschliffener Gast! was sagt ihr da? was untersteht Ihr Euch?

BEDIENTER. Weiß Gott! das habe ich gesehen.

HORFMANN. Nichts habt Ihr gesehen. – So ein Herr wird weinen – dummer Mensch!

BEDIENTER. Nun! ich werde doch Thränen kennen – ich!

HORFMANN. Einen Katarrh mag der gnädige Herr gehabt haben –

BEDIENTER. Nun, ich weiß, was ich gesehen habe.

HORFMANN. Wollt Ihr fort! Ihr Lügner!

BEDIENTER geht ab.

HORFMANN. Ich weiß wohl, daß er Recht hat. Er weint nur gar zu oft da. Aber ein treuer Diener muß, die Gebrechen seiner Herrschaft verstecken. Wenn das unter die Leute kommt mit den Thränen – kein Mensch wird es glauben, daß er von vornehmer Geburt ist.


Quelle:
August Wilhelm Iffland: Das Erbtheil des Vaters. Leipzig 1802, S. 8-11.
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