Achter Auftritt.

[31] Vorige. Delomer. Horfmann. Schulz und Gerichte. Neurath.


DELOMER. Vergebung, daß ich warten lasse! Er tritt in die Mitte.

GRAF. Nun frisch weg, Herr Baron! ohne Eingang!

GRÄFIN. Zum interessanten Ende![31]

GRAF. Nun, da wären wir denn alle beysammen. Nun zur Sache, Herr Neurath! Ohne Formalitäten.

DOMINIQUE zu Delomer. Diese Leute – Deutet auf die Bauern.

DELOMER. Nur eine kleine Geduld, mein Sohn! Zum Grafen. Sie erlauben also setzt –

GRAF. Ja doch! Nur zu, Herr Neurath –

NEURATH. »Nachdem Ihro Excellenz, der Herr Graf zu Warbing« –

HORFMANN. Mit Erlaubniß, es kann noch nicht angehen.

DELOMER. Weshalb?

HORFMANN. Wir sitzen nicht recht –

GRÄFIN. Was ist das?

DELOMER. Nur weiter –

HORFMANN. Euer Excellenzen kommen dort rechts zu sitzen.

GRÄFIN. Das ist ja allerliebst – recht decént

DELOMER. Horfmann! Was soll das?

HORFMANN. O ich habe alles wohl behalten. Mein Herr Baron von Delomer gehören in die Mitte; – und die junge gnädige Herrschaft dort linker Hand; – die gräflichen Excellenzen dort rechter Hand.

GRÄFIN. Ich gehorsame. –[32]

GRAF. Nun, nun! – Man setzt sich.

DELOMER. Euer Excellenz verzeihen – Horfmann, das war überaus einfältig!

GRAF. Nur weiter, Herr Neurath – wo wir stehen blieben.

NEURATH. »– Das Gut Feldenstein, nebst Schloß, Unterthanen, Waldungen, Wiesen, Aeckern und dem Inventarium dem hochgebornen Herrn, Herrn Baron von Delomer käuflich überlassen, und aller weitern Ansprüche darauf sich begeben haben: so geschieht hiermit die Uebertragung gedachten Gutes und Unterthanen an hochgedachten Herrn Baron von Delomer in aller Form, vor gegenwärtigen Zeugen, und werden die Unterthanen hiermit an Herrn Baron von Delomer und dessen Erben gewiesen, übertragen, und aller Pflichten gegen das gräfliche Haus Warbing entlassen.« – Er übergiebt Delomer das Instrument. Gott erhalte die neue Herrschaft! Vivat!

DIE BAUERN treten zu Delomer. Vivat!

GRÄFIN. O ja! – Vivat! – j'enrage!

DELOMER. Lieben Kinder! Ich nehme euch mit Liebe und Vertrauen an, bestätige alle eure Rechte, Privilegien und gebe euch in die Hand meines geliebten Sohnes dort. Gebt ihm den Handschlag der Liebe und Treue!

MADAM DOMINIQUE meint.[33]

DOMINIQUE. Mein Gott – lieber Vater – ich kann nicht – ich bitte, ich beschwöre Sie.

DELOMER. Fassung und Entschluß, lieber Sohn!

SCHULZ. An wen wenden wir uns denn? – Wo gehören wir hin?

DELOMER. Dorthin an den jungen Mann, der wahrlich euer Glück machen wird. Glaubt mir, daß er mehr empfindet, als er spricht.

HORFMANN. Nun, so küßt doch die Hand!

SCHULZ will es thun.

DOMINIQUE. Ehrlicher Mann, so steht es nicht. Ich nehme den Händedruck eines wackern Mannes an. – Das ist alles, was ich jetzt aus das, was hier vorgeht, zu sagen haben kann.

SCHULZ. Gnädiger Herr! – zu geben haben wir nicht viel; denn wir sind bisher recht in der Ordnung ausgesaugt worden; – aber wir wollen wie ehrliche Leute alles thun, was recht ist.

DELOMER. Und da ich uns nun mit Recht für Eingeborne halte, so ist hier das Diplom des deutschen Adels für meine Kinder.

DOMINIQUE will fort.

MADAM DOMINIQUE hält ihn auf.

DELOMER. Empfangt die Gabe eines dankbaren Vaters mit Wohlwollen!

MADAM DOMINIQUE weint und küßt ihres Vaters Hand.[34]

DOMINIQUE. Ich – kann – Er nähert sich ihm. O Gott! Gott! Er tritt zurück. Ach! das fürchtete ich wohl.

GRÄFIN. Ein Adelsdiplom – nun – Vivat!

ALLE. Vivat!

DOMINIQUE. Ich vergehe.


Aus dem Nebenzimmer hört man eine Musik.


DER KLEINE DOMINIQUE geht zu seinem Vater, und giebt ihm ein Bouquet. Da! Nimm das Geschenk, den Blumenstrauß aus meinen, kleinen Garten, lieber Vater!

DOMINIQUE nimmt es hastig, bedeckt das Gesicht. O welch ein Andenken rufst du zurück!

DELOMER tritt zu ihm. Was machen Sie? Laut. Was ist ihm?

DOMINIQUE. Ein solches Geschenk aus unserm kleinen Garten erhielt ich sonst alle Jahre am Geburtstage von meinem Vater. Vater – Vater! ehrlicher alter Vater! Geht ab.

DELOMER folgt.

MADAM DOMINIQUE. Einfache Freude hat für uns den größten Reitz – ich muß seine schöne Empfindung mit ihm theilen. Geht ab.

DIE BAUERN folgen.

HORFMANN ins Nebenzimmer. Haltet das Maul! Es ist nichts![35]

NEURATH. Tausend Element! Was ist das? Das muß ich wissen. Läuft nach.

GRÄFIN. Jetzt weiß ich alles.

GRAF. Ma chere! Sie waren brillant; aber zu skoptisch.

GRÄFIN. Sie haben nun, leider! das Gut; aber auch ihren Aerger.

GRAF. Hätte ich nur schon das andere Geld! Die 10000 Thaler vom Separatartikel. Wenn nun alles zurückgeht?

GRÄFIN. Es muß zurückgehn. Ich will nichts davon wissen. Edelleute? Gauner sind es.

GRAF. Pst! Nicht so laut! Sie haben doch Geld in Menge.

GRÄFIN. Je nun! Es ist in der Revolution manches dem rechten Eigenthümer entwendet –

GRAF. Kann seyn; aber sie haben es doch nun.

GRÄFIN. Ich denke es noch zu erleben, daß sie alle als Gauner ausgeliefert werden. Gerechter Gott! Und wie wird man sich nachher haben, daß man mit dem Volke gelebt, gegessen, sie tituliert hat!

GRAF. Dann ignorirt man sie.

GRÄFIN. Und haben Sie denn die Brillanten gesehen, die die Kreatur in den Ohren hatte?[36] Jetzt nur gleich nach! Das muß ich alles heute noch wissen. O sie sollen vor Wuth platzen. Ich will sie recht langsam sterben lassen. Geht ab.

GRAF. Ja – aber wenn ich das Geld nicht bekommen hätte, – so stürbe ich decidirt am langsamsten. Die Comtesse hat einen heroischen Geist. – Schade nur, sie fällt gleich so mit der Thür ins Haus. Geht ab.

Quelle:
August Wilhelm Iffland: Das Erbtheil des Vaters. Leipzig 1802, S. 31-37.
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