Fünfter Auftritt.

[52] Vorige. Ein Gerichtsdiener.


GERICHTSDIENER. Wohnt hier Herr Ruhberg?

CHRISTIAN der ihm gleich Anfangs entgegen ging. Ja!

GERICHTSDIENER. Stelle Er ihm dies zu. Geht ab.

CHRISTIAN gibt's hin.

RUHBERG DER SOHN nachdem er gelesen. Teufel und alle Wetter!

BARON. Was ist's?

RUHBERG DER SOHN. Entsetzlich – entsetzlich!

BARON. So reden Sie doch.

RUHBERG DER SOHN. Sie wissen von der Forderung der Gebauerischen Erben an mich?

BARON. Die tausend Reichsthaler.

RUHBERG DER SOHN. Richtig. Eben ist bei der Justizkanzlei Arrest gegen mich erkannt worden!

BARON. Teufel! – Ist das gewiß?

RUHBERG DER SOHN auf das Billet deutend. Der Rath Grundmann warnet mich, ich soll zuvorkommen – zahlen.

BARON zuckt die Achseln. Eine kleine Pause.

RUHBERG DER SOHN nachdem er gelesen. Das Ding fängt an, mich warm zu machen.[52]

BARON. Freund! wenn das losbricht? so steht unsere Sache schlecht. Sehr schlecht!

RUHBERG DER SOHN ironisch. Ja, da haben Sie wahrhaftig Recht.

BARON. Allons donc! – Geben Sie mir das Billet an das Fräulein. Ich will Ihr Heil versuchen.

RUHBERG DER SOHN. Ja, ja! Holt es, hat aber das Billet des Hofmeisters in der Hand gehabt, und gibt nun dieses statt jenem. Da – und nun – Sie sehen, es fängt an heiß zu werden – im Namen der Verzweiflung! Thun Sie Wunder.

BARON. Das ist ja ein Billet an Sie?

RUHBERG DER SOHN. Wie? – ja wahrhaftig! Sie tauschen. Laß sehen – Er erbricht. – Ha!

BARON. Nun – wie?

RUHBERG DER SOHN. C'est fort!

BARON. Was haben Sie denn wieder?

RUHBERG DER SOHN. Diese Nacht – mein Gott, wie konnten Sie's vergessen – diese Nacht!

BARON. Ah Ciel! Der Herr von Dammdorf –

RUHBERG DER SOHN. Das verfluchte va Banque!

BARON. Es war wahrlich – eine Insolenz.

RUHBERG DER SOHN. Warum warnten Sie mich nicht?

BARON. Mein Gott in einer solchen Gesellschaft! –

RUHBERG DER SOHN. Warum rissen Sie mich nicht bei den Haaren zurück?

BARON. Das würden Sie mir übel gedankt haben –

RUHBERG DER SOHN. Mein Engel wären Sie gewesen!

BARON. Ja, was ist zu machen?

RUHBERG DER SOHN ihm in's Ohr. Zum Thore hinaus zu gehen – einen schlechten Kerl mich brandmarken zu lassen.[53]

BARON. Ah si donc – den Kopf nur nicht verloren. Jetzt entwickelt sich alles!

RUHBERG DER SOHN. Ja wohl – ja wohl!

BARON. Nachgedacht, nachgedacht!

RUHBERG DER SOHN. Worauf? woran?

BARON. An Zahlung –

RUHBERG DER SOHN. Herr, ich habe nichts – nichts – gar nichts, bin ärmer als in den Windeln.

BARON. Also Ausweg denn?

RUHBERG DER SOHN. Welchen – welchen? Dort tausend Reichsthaler – hier mein Ehrenwort auf heut!

BARON. Ja – da weiß ich nicht zu rathen. Leicht. Zwar das Ehrenwort –

RUHBERG DER SOHN. Verpfändet an meinen adeligen Nebenbuhler!

BARON. Es war aber auch eine rasende Sottise von Ihnen.

RUHBERG DER SOHN. Ja, rasend war ich – das war ich!

BARON. Man müßte versuchen, ob der Herr von Dammdorf in einem großmüthigen Raptus zu Milderung der Summe zu persuadiren wäre – Eine Art Geschenk –

RUHBERG DER SOHN. Es ist mein Nebenbuhler!

BARON. Ich hab's – das geht. Eine höfliche Vorstellung – begleitet von einem Wechsel, worin Sie sich zu der Schuld öffentlich und förmlich bekennen. Sie hofften, er würde nicht so strikte auf der Zahlung bestehen, da ohnehin ein Kavalier das Ehrenwort eines Bürgerlichen –

RUHBERG DER SOHN. Die Ehre des Bürgers gegen den Kavalier ist die stolzeste in der Welt, und nicht selten die unverletzlichste.

BARON. Ja das sind alles herrliche Sentiments! – aber[54] wenn alle Ihre Schuldner ein Geschrei erheben, so ist ja die Proposition, die Sie dem Fräulein thun wollen, die lächerlichste von der Welt.

RUHBERG DER SOHN. Das weiß ich, das bringt mich ja von Sinnen!

BARON. Die halbe Gesellschaft stierte sie an, lachte, zischte sich in die Ohren, als das rasende va Banque Ihnen echappirte. Sie schnitten ja Gesichter und radotirten solches Zeug, daß ich mich wahrhaftig wundere, daß Sie nicht gleich der Gegenstand der allgemeinen Persiflage geworden sind! hm –

RUHBERG DER SOHN. Ha, ha, ha, – Persiflage, ja das ist das rechte Wort!

BARON. Ja wahrhaftig!

RUHBERG DER SOHN. Hm! – Hören Sie, mir ist wunderlich bei dem Dinge zu Muthe, ich bin – in einer recht mörderlichen Stimmung.


Quelle:
August Wilhelm Iffland: Theater. Band 2, Wien 1843, S. 52-55.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Verbrechen aus Ehrsucht
Verbrechen Aus Ehrsucht (Paperback)(German) - Common
Verbrechen Aus Ehrsucht
Verbrechen Aus Ehrsucht,: Ein Ernsthaftes Familiengemählde in Fünf Aufzügen (German Edition)

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Das neue Lied und andere Erzählungen 1905-1909

Das neue Lied und andere Erzählungen 1905-1909

Die Sängerin Marie Ladenbauer erblindet nach einer Krankheit. Ihr Freund Karl Breiteneder scheitert mit dem Versuch einer Wiederannäherung nach ihrem ersten öffentlichen Auftritt seit der Erblindung. »Das neue Lied« und vier weitere Erzählungen aus den Jahren 1905 bis 1911. »Geschichte eines Genies«, »Der Tod des Junggesellen«, »Der tote Gabriel«, und »Das Tagebuch der Redegonda«.

48 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.

424 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon