19. An Hrn. Prof. Gellert, als solcher mir die Uebersetzung von Chambers Buche von der Erkenntniß der Thiere zu beurtheilen schickte, mit dem Zusatze, er verstünde die Sache nicht

[9] Dies, Freund, verstehst du nicht? Hat deine Zaubermacht

Doch manches Thier zum Reden schon gebracht;

Was größers noch ist ihr nicht schwer gewesen:

Sie brachte gar manch schönes Kind zum Lesen.


Widerruf

[9] Nun hab' ich erst mich recht bedacht:

Daß Schönen Gellerts Lieder lesen,

Beweist nicht ihre Zaubermacht,

Stets sind sie Dichtern hold gewesen:

Sie lasen, eh' noch Gellert schrieb,

Talanders Unsinn, Hunolds Oden;

Daß Gellert beyde nun vertrieb,

Macht blos die Lust zu neuen Moden.

Was größers hat sein Lied vollbracht:

Es zwingt die Stutzer selbst zum Lesen;

Das heiß' ich eine Zaubermacht,

So stark wär Orpheus nicht gewesen.

Quelle:
Abraham Gotthelf Kästner: Gesammelte poetische und prosaische schönwissenschaftliche Werke, Theil 1 und 2, Teil 1, Berlin 1841, S. 9-10.
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