4. Auftritt.

[8] Soliman. Mehmed. Ali Portuk. Mustafa. Der Begler Beg.


SOLIMAN.

Seid mir gegrüßt, ihr Stützen meines Throns!

Willkommene Gesellen meiner Siege,

Seid mir gegrüßt!

ALI.

Mein großer Herr und Kaiser![8]

Dein edler Großwesir hat uns vertraut,

Wie du den Aufbruch heute noch geboten;

Wir harren deines Winks, erhabner Held,

Gewohnt, für dich und des Propheten Ehre

Mit freud'gem Mute in den Tod zu gehn.

SOLIMAN.

Zum Siege sollt ihr gehn, und nicht zum Tode.

Ihr wißt's, wie mir der Deutsche, Maximilian,

Der sich den röm'schen Kaiser schelten läßt,

Schon seit zwei Jahren den Tribut verweigert,

Auch Tokai, meine Burg, zurückbehielt;

Nun aber schwör' ich's bei dem ew'gen Gott:

An diesen Deutschen, diesen Christenhunden,

Die lange Schmach mit blut'gem Schwert zu rächen,

Ausrottend dies verrätrische Geschlecht,

Das unsern heiligen Propheten schändet

Und einem falschen Gotte sich ergab! –

Der halbe Mond soll herrschen auf der Erde,

Und kann er das, wenn dieses Ungarland

Die ersten Schritte schon begrenzen will

Und deutsche Knechte ihm den Weg vertreten? –

Drum will ich Krieg!

MUSTAFA.

Mein Volk harrt deines Winks,

Und kampfbegierig jauchzt es dir entgegen.

ALI.

Für deine Scharen bürgt der Führer Mut!

DER BEGLER BEG.

Gib ihnen Raum, die Treue zu bewähren.

MEHMED.

Der Janitscharen wohlgerüstet Heer,

Das kampfversuchte kühne Heldenvolk,

Das treu auf deinen Zügen dich begleitet,

Ruft Siegeslieder seinem Kaiser zu,

Nach diesem Christenkampfe wild verlangend.

SOLIMAN.

Nicht an Gelegenheit soll's ihnen fehlen.

Die Ungarn kenn' ich, wie der Deutschen Volk,

Und wackre Streiter rühm' ich meine Feinde.

ALI.

Der beßre Gegner weckt den größern Mut.

DER BEGLER BEG.

Es kämpft der Held am liebsten mit dem Helden.

MUSTAFA.

Der Sieg wird schwerer, doch er bleibt gewiß,

Denn unser Feldgeschrei heißt: Soliman!

MEHMED.

Drum grüß' ich dich, erhabner Großsultan,

Der erste deiner Sklaven, deutscher Kaiser!

Das Schwert des Allah nennt dich dein Jahrhundert,

Und Gottes Geißel nennet dich der Christ.

Furchtbar gerüstet stehst du diesmal auf,

Kein größer Heer hat Ungarn je betreten:

An zweimal Hunderttausend zählt dein Heer,

Die Völker aller Bassen kaum gerechnet.[9]

Der Hamsa Beg steht mächtig an der Drau.

Die Brücke dir zum Uebergang zu schlagen,

Und Mehmed Beg streift siegend schon bis Sziklas.

Auf leichten Flößen ging der kühne Feldherr

Bei Nachtzeit über den empörten Strom,

Ins Herz von Ungarn dir den Weg zu bahnen.

SOLIMAN.

Der Sieg begleite seinen Mut! – Nun, Fürsten,

Nun gilt's! – Entweder nehmen wir den Weg

Mit raschen Schritten nach des Reiches Hauptstadt

Und lassen Sigeth unbestürmt und Gyula

– Der andern Festen lohnt's der Mühe nicht –

Und nur von wenig Volke hart umzingelt;

Wo nicht, so werfen wir die ganze Macht

Auf diese Felsenschlösser, stürmen sie

Und gehen dann dem deutschen Heer entgegen,

Das Maximilian bei Wien versammeln will. –

Sag' deine Meinung, Großwesir!

MEHMED.

Mein Kaiser,

Mir deucht es sichrer, mehr des Helden würdig,

Den Feldzug mit dem Sturme dieser Festen,

Die unsre Macht in manchem Kampf gehöhnt,

In fürchterlicher Strenge zu beginnen.

Der Niklas Zriny, der Gefürchtete,

Ist jetzt in Wien, wie meine Boten melden;

Leicht überrumpeln wir das stolze Sigeth,

Wenn dieser Heldensäbel feiern muß.

Dann frisch auf Wien und auf das Heer des Kaisers!

Ein blut'ger Tag entscheide dort den Sieg!

ALI.

Wenn Zriny fern ist, stimm' ich gern dir bei,

Dann nehm' ich Sigeth mit dem ersten Sturm;

Doch, wär' er da, – ich kenne diesen Helden, –

So mögen wir im mondenlangen Kampf

An Sigeths Mauern uns den Kopf zerbrechen.

SOLIMAN.

Gilt dir der einz'ge Mann solch großen Wert,

Daß du die oft geprüfte Heldenstärke

Ungern an diesen Abenteurer wagst?

ALI.

Zeih deinen Sklaven keiner niedern Furcht.

Hast du des Zriny Thatenruf vergessen,

Der gegen uns in der Belagrung Wiens

Vom Kaiser Karl den Ritterschlag verdiente,

Ein zarter Jüngling noch? Jetzt ist's ein Mann,

Und deine Völker, die sonst keinen scheuen,

Gewohnt, dem Tode ins Gesicht zu treten,

Erschrecken, wenn sie seine Fahnen sehn.

DER BEGLER BEG.

Auch ich, Herr, stimme Alis Rede bei![10]

Sigeth belagert, wenn der Zriny fern ist;

Sonst sei's umzingelt, wie mein Kaiser sprach.

Von Gyula hast du wenig zu befürchten.

MUSTAFA.

Der Begler Beg gab ein bedachtes Wort,

Und meine Meinung hat er mit gesprochen.

SOLIMAN.

Mit eurem Zriny! Großherr Soliman

Ist nicht gewohnt, daß ihn ein ganzes Heer

Aus seines Plans gewalt'gem Gleise zwinge,

Und soll an einer einz'gen Heldenbrust

Den Anstrom seiner Wellen brechen lassen? –

Fern oder nicht, wir gehen nicht auf Sigeth,

Grade nach Wien, das ist des Kaisers Wille!

Im Herzen Ostreichs schlagen wir die Schlacht.


Quelle:
Theodor Körner: Sämtliche Werke in vier Bänden. Band 3, Stuttgart [o.J.], S. 8-11.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Zriny
Leier und Schwert, Zriny, Rosamunde, mit Einleitung;
Zriny: Ein Trauerspiel in Fünf Aufzügen (German Edition)
Zriny: Ein Trauerspiel (German Edition)

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Der einsame Weg. Schauspiel in fünf Akten

Der einsame Weg. Schauspiel in fünf Akten

Anders als in seinen früheren, naturalistischen Stücken, widmet sich Schnitzler in seinem einsamen Weg dem sozialpsychologischen Problem menschlicher Kommunikation. Die Schicksale der Familie des Kunstprofessors Wegrat, des alten Malers Julian Fichtner und des sterbenskranken Dichters Stephan von Sala sind in Wien um 1900 tragisch miteinander verwoben und enden schließlich alle in der Einsamkeit.

70 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.

442 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon