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[123] Ein Apfelbaum in voller Blüte steht,

Ein leichter West in seinen Zweigen weht;

Er schaut, verklärt vom blutig roten Schein,

Verwundert auf den wilden Brand herein.


Es ist, als ob der helle Glanz ihn freut',

Weil Blütenblätter in die Glut er streut;

Er atmet ein des Feuers heißen Hauch,

Um seine Krone spielend zieht der Rauch.


Da plötzlich langt herüber aus dem Brand

In seine Äste tief die Flammenhand:

Zu Kohlen brennt der schöne Blütenbaum –

Hin ist ein dichterlicher Lebenstraum!


Quelle:
Gottfried Keller: Sämtliche Werke in acht Bänden, Band 1, Berlin 1958–1961, S. 123.
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