Erste Vorstellung.

[56] Das Spiel war geendet. Die Studenten zogen unter beständigem Singen: »Tralirala! Tralirala!« hinaus, und das gebildete Publikum schlich sich mit verbissener Wut, unter beständigem Murmeln, welches wie ein Tremulant lautete, hintennach; racheschnaubend warf sich das gebildete Publikum in seine Wägen und auf seine Pferde, und in einer Zeit von zwei Stunden war zwei Stunden im Umkreise kein Mann von Geschmack mehr zu schmecken.

Darüber war der Mond außerordentlich vergnügt; er kam eigentlich näher herab und ward daher größer, auch die Nachtigallen, welche sich vor den kritisierenden Zeitungsschreibern und Korrespondenten seit einigen Tagen schüchtern versteckt hatten, kamen ans Mondlicht und fingen alsbald ihre Volkslieder wieder zu singen an.

Die Grillen und Grashüpfer zirpten nach Herzenslust wieder aus den Ehrenpreisstengeln, Schlüssel- und Gänseblumen am Wege, und auch die Brunnen, Quellen und Wasserfälle, welche aus Angst, sie möchten von einem korrespondierenden Reisenden von Geschmack aufgespürt und beschrieben werden, schon seit drei Tagen den Atem angehalten hatten, schnauften, sprangen und musizierten wieder in aller Liebe.

Die Studenten aber ließen, das Fest ihres Triumphes zu feiern, den blinden Dorfpfeifer holen und tanzten mit den Schauspielerinnen und den Stall- und Feldmädchen im Mond- und Fackelscheine unter den Linden des Wirtshauses.


Quelle:
Justinus Kerner: Werke. 6 Teile in 2 Bänden, Band 1, Berlin 1914, S. 56.
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