Dritte Vorstellung.

[75] Ich holte den weitergegangenen Mühlknecht ein. Wir gingen durch helle, niedlich gebaute Straßen, die meistens nur durch Kinder belebt waren. Besonders fiel mir in der Hinsicht der große, leere Marktplatz auf.

Derselbe bildete ein großes Viereck, und die Häuser, welche ihn umgaben, hatten alle Bogengänge. Unter diesen wimmelte es von spielenden Kindern, Schwalben und Hühnern, deren lautes Geschrei weit umherschallte.

Die zwei evangelischen Kirchen aber aus der neuen Zeit, welche zu seiten des Marktplatzes standen, kamen mir nicht anders vor, als wie zwei große elegante Tabakspfeifen von Meerschaum, an denen die Türme die Röhre bildeten.

So klar und freundlich diese Stadt auch war, und so weit ihre Straßen und neu ihre Häuser, so wurde es mir doch, je länger ich in ihr verweilte, desto banger und beklommener, besonders als jetzt die Sonne zu sinken anfing.

»Laßt uns auf eine Herberge zugehen«, sprach ich zum Mühlknecht. »Hier ist der goldene Esel,« sprach er, »laßt uns in den eingehen, es ist die Herberge, auf der ich beim Herwege einige Wochen verweilte.«


Quelle:
Justinus Kerner: Werke. 6 Teile in 2 Bänden, Band 1, Berlin 1914, S. 75.
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