[117] In demselben Postwagen saß ein ganz sonderbarer Mensch, der von diesem Städtchen an die Reise nach Nürnberg mitmachen wollte.
Er war ein leidenschaftlicher Liebhaber von allem, was weiß ist, führte auch, um den Hals hängend, ein Zuckerglas voll weißer Mäuse mit, die er in Schlesien aufgefangen. Mit dem Hunde des Kondukteurs hatte er recht Mitleiden, daß er nicht weiß statt schwarz war. Im Winter, behauptete er, sei es lieblicher zu reisen, als zu irgendeiner Jahreszeit, vermutlich dachte er insgeheim dabei an den weißen Schnee.
Er selbst hatte einen Weißen Mantel an; war gepudert, und sah überhaupt wie ein recht künstlich gebleichtes Totengerippe aus.
Da er den großen Maultrommelspieler Koch seinen Freund nannte, so bat ich ihn, mir dessen Geschichte zu erzählen. Er sprach wie folgt:
»Koch hatte schon, als er aus der Schule kam, große Fertigkeit auf der Maultrommel erlangt, die er als Soldat, wo er viele müßige Zeit hatte, noch zu einem großen Grade steigerte. Er hatte die Gewohnheit, in der Nacht, beim Schildwachstehen, öfters das Gewehr zurückzustellen und seine Maultrommel zu spielen.
Es begab sich nun, daß einsmal der Herzog von Braunschweig, Kochs General, als er nächtlich zum Fenster hinaussah,[117] diese wundersamen Töne vernahm. Er vermeinte, es kämen diese Töne bald aus der fernsten Ferne vom Winde herbeigetragen, bald aber war es ihm wieder gewiß, daß sie aus der Tiefe stiegen.
Er geht hinab, und da steht Koch, statt mit dem Gewehr im Arm, mit zwei Maultrommeln.
Koch, anfänglich sehr erschrocken, wollte sich entschuldigen, da sprach der Herzog, er solle nur mit ihm gehen. Koch folgte, der Herzog führte ihn in sein Zimmer, er mußte das Spiel wiederholen, der Herzog war entzückt und beschenkte ihn reichlich. Die andere Nacht bat der Herzog eine kleine Gesellschaft zu sich, die Lichter wurden ausgelöscht, und Koch begann sein Spiel.
Es war der Gesellschaft anfangs, als vernähme sie die wunderbarsten Töne ganz in der Nähe, bald vor, bald hinter sich, dann aber entfernten sie sich immer mehr, stiegen aus der Tiefe weit in die Luft und nun, nun waren kaum einzelne hörbar, wie kleine Silberglöckchen, bis der letzte Ton, wie ein Stern in blauer Ferne, verlosch. Da fielen alle Zuhörer mit dem letzten Ton wie aus der Luft und wagten wieder auf der gewöhnlichen Erde Atem zu schöpfen. Koch sollte mit Geschenken überhäuft werden, er schlug alles aus und verlangte nur seinen Abschied. Er erhielt ihn, und da zog er mit seinem Instrumente durch die Welt. Das Spiel aber hat ihm, wie er oft vorhersagte, den Tod gebracht, er starb an der Schwindsucht.«