3. Hochfeierliche Empfängnuß Christi

[233] Der Höchste zu der Zeit/ als Eva gantz vermessen/

den Höchsten und sich selbst/ gestellet in vergessen/

durch allzu kühne Hand auff einmal Obst vnd Tod

gebrochen/ abgestürtzt sich/ mich und dich in Noth/

Sprach seine Diener an: Wie/ meine jhr meine Bürger/[233]

Soll der Verleumder dann/ der Höllen Mohr/ der Würger/

so Meister spielen? Nein; soll denn der Apffelbiß

mir in der Sternenburg/ thun einen solchen Riß?

Ich will den! Gabriel/ auff/ setze dich zu Wagen/

Laß dich den Wolckensturm durch Dampff und Dünste tragen/

in Pfeilgeschwinder Eil/ hin in Idumens Stadt

die von dem grünen Zweig/ den schlechten Namen hat/

Da wohnt die/ gegen der die Gottheit ist entflammet/

die von Vhranen her/ und Königs Blut gestammet/

sag/ daß sie tragen soll/ den/ der sie selber trägt/

das Menschen Hauß/ und alls was sich darinnen regt;

Genug! der Herold fleugt in Götter hoher grösse/[234]

es lebt durch Seidnen Flor/ die wolerziemte Blösse/

das Stirngestirne Liecht/ die Wangenzier bestralt/

den Rosengleichen Mund/ mit Lilgen untermahlt.

Das Wollenweiche Haar/ sich von der Scheitel strecket/

den Alabaster Hals/ wie klares Fließgold lecket;

So blinckt der Tag der Nacht/ das liechtentlehnte Liecht/

neigt nächtlich Wolcken ab/ sein Sichel Angesicht/

beleuchtet sich im Meer/ bespiegelt sich im Wellen/

die jhrer Fürstin gleich/ bald ab/ bald zuwerts prellen;

In seiner Rechten gläntzt die Blumenkönigin/

die Kron vnd Sceptern gleicht; die/ die in jhren Sinn/

Dem Trauring abgesagt; durchlas damal die Blätter/[235]

die jhr und jhres Sohns hertzallerliebster Vetter

vorlängsten auffgesetzt; der Abgesandte schwingt

sich in jhr Zimmer hin/ vnd seinen Gruß anbringt:


Gabriel:


O Holdselige Jungfer sey gegrüsset/

O begnadete Mutter sey geküsset/

du Sonnengüldne Zier/

Du hochgebenedeyte Magd/

was allen Mägden ist versagt/

hat Gott gethan an dir.


Du/ du/ du bist allein

die Krone keuscher Jugend/

deß Frauenzimmers liechter Schein/

der Außzug aller Tugend/


Der/ der/ der Berge Last

mit einem dreyling fast/

der Sonn vnd Monden leitet/

der auff deg Sternen reitet/[236]

hat dich zur Braut erwehlet

und sich mit dir vermählet/

Er suchet seine lust/

und will neun Monden lang bewohnen deine Brust.


Die/ der/ die Zeitung kömt/ vnd auch der Bot schweigt still.

Wie wann die müde Sonn zu Golde gehen will/

sich über dem Gebrauch herauß zu streichen pfleget/

im Scharlachrohten Rock zu jhrem Bräutgam leget;

So schläget vnter sich das vnbefleckte Bild/

die hellen Augelein mit Gottheit angefüllt/

gefärbt und nicht gefärbt; Blut streitet mit Erblassen/

die keinen Mann erkannt/ kan solche Post nicht fassen;

Worauff der Engelprintz von dessen Lippen fleust/

Milchsüsse Redenheit/ die Götterwein außgeust.[237]


Gabriel.


Laß seyn/ spricht er: die Furcht/ du Schönste wirst empfangen/

der Heyden heilges Heil/ das lange Welt verlangen/

den Mensch Gott/ Gott der Gott und Mensch/ von ewigkeit

der Glantz/ das Ebenbild; was er war vor der Zeit/

das bleibt Er/ was Er nicht das hat Er angenommen/

Heut wird Gott warer Mensch! ich bin von Gott herkommen/

und habe mich gewagt/ durch dunckeldüstre Lufft/

gesegelt blitz geschwind/ durch nebelnasse Tufft.

Wann dann deß Himmelsschluß/ dich würdigst aller würden

in vnverrückter Zucht/ entbürden wird der Bürden/

(wie sonst ein Apffel fällt/ wann jetzt die Sonne führt/

den Wagen in die Wag/ den keine Hand berührt)[238]

Denn solst du deinen Sohn/ den reinen Jungfer Samen

Du/ Junfer Mutter selbst mit Jesus Namen namen/

denn Er ist übergroß/ der grosse Vattersohn/

von Gott und selber Gott/ in einer Gottheit Thron.

Er Davids Reichsgenoß wird hochgeachtet werden/

der Herrscher der beherscht/ den weiten Kreiß der Erden/

von Kind Kindeskind; Es wird von Land zu Land/

es wird von Meer zu Meer sein Name seyn bekand.

Der Geist/ der mir den Geist und dir den Geist gegeben/

wird wircken jnner dir/ daß Gottes Sohn wird leben/

und werden/ was du bist; Auch die mit dir gesipt/

die Kinderloß gelebt/ jetzt eine Mutter gibt.[239]

Schon Sechsmal hat bereit/ das Hörner Angesichte

versilbert seinen Glantz mit neugeborgten Liechte/

seyt das Elisabeth hoch schweres Leibes geht/

was Gott einmal beschleust/ das jmmer veste steht

und bleibet ewig waar; bey Gott sind alle Sachen/

zur mögligkeit gebracht; das Wort kan alles machen/

das selber nicht gemacht; doch alls in allem ist/

es stund flugs alles da/ da diß Wort sprach ein St.

Deß Himmels ist verweist geschmincktes wörterlügen/

drüm gläubt die Mutterbraut/ dem/ der da nicht kan trügen/

und gibt jhr Jawort drein.


Maria.


Ich gebe mich und will was Gott gewillet/

Vernunfft erliegt der Glaube siegt/[240]

Der Glaub allein den schwancken zweiffel stillet.

Ich kenne schon das blancke Feyerkleidt/

das krause Haar deß blauen Herrligkeit.

der Götter volle Saal ist üm und üm umringt/

mit Engeln überall.

Die Krafft/ deß Höchsten Krafft wirckt jnner jhren Leibe

verwacht die Jungferschafft/ und macht gleichwol zum Weibe/

Frau Mutter/ Jungfer Braut. Euch nennt das kleine Kind/

Frau Mutter/ da jhr euch doch Jungfer Braut befindt.

Ihr habt die Mutterlust/ den Jungfer Ehrennamen/

Die Blume blühet schön/ und trägt im blühen Saamen.

Diß Rund erschüttert sich/ mit unerhörten krachen/[241]

Das Wolckenblaue Dach/ hat ob den Wundersachen/

zur lincken Hand geblitzt; das Schiff durchpflügte Meer/

empfund den Donnerstral; es winselt über sehr/

der Stimme Gegenbild. So ist bekenntlich worden/

deß Herren Gegenwart/ von Westen biß in Norden/

weit über Thule nauß; ja wo die Sonne glimt/

wenn sie die Reisefahrt von Ost nach Suden nimt.

Quelle:
Johann Klaj: Friedensdichtungen und kleinere poetische Schriften, Tübingen 1968, S. 233-242.
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