Sechzehntes Kapitel

Schluß

[400] Fr. Aber sage mir, mein Sohn, wenn es dem hochherzigen Kaiser von Österreich, der für die Freiheit Deutschlands die Waffen ergriff, nicht gelänge, das Vaterland zu befreien: würde er nicht den Fluch der Welt auf sich laden, den Kampf überhaupt unternommen zu haben?

Antw. Nein, mein Vater.

Fr. Warum nicht?

Antw. Weil Gott der oberste Herr der Heerscharen ist, und nicht der Kaiser, und es weder in seiner, noch in seines Bruders, des Erzherzog Karls Macht steht, die Schlachten so, wie sie es wohl wünschen mögen, zu gewinnen.

EI. Gleichwohl ist, wenn der Zweck des Kriegs nicht erreicht wird, das Blut vieler tausend Menschen nutzlos geflossen, die Städte verwüstet und das Land verheert worden.

Antw. Wenn gleich, mein Vater.

Fr. Was; wenn gleich! – Also auch, wenn alles unterginge, und kein Mensch, Weiber und Kinder mit eingerechnet, am Leben bliebe, würdest du den Kampf noch billigen?

Antw. Allerdings, mein Vater.

Fr. Warum?

Antw. Weil es Gott lieb ist, wenn Menschen, ihrer Freiheit wegen, sterben.

Fr. Was aber ist ihm ein Greuel?

Antw. Wenn Sklaven leben.[400]

Quelle:
Heinrich von Kleist: Werke und Briefe in vier Bänden. Band3, Berlin und Weimar 1978, S. 400-401.
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