Neunter Auftritt.

[26] Die Vorigen, Cleon.


CLEON. Ein Diener, ein Diener, Hr. von Leander! Mademoiselle, sie wissen ohnedem, wie sehr ich ihr Diener bin. A propos, nu, wie gefällt ihnen das französische Buch, das ich ihnen gegeben habe?

ISABELLE. Sehn sie nur, Leander, sie sind doch gar nicht galant. Hr. Cleon bringt mir Bücher, Clitander Arien; was bringen sie mir denn?

LEANDER. Ein gerührtes und treues Herz, das sind alle meine Schätze, die ich ihnen anbieten kann.

CLEON. Gehn sie, sie sind doch ein Träumer. Ja mit dem Herzen werden sie weit kommen! heutiges Tages will das Frauenzimmer nur witzig unterhalten seyn; und ich biete einem witzigen Kopfe Trotz, der besser als ich –

LEANDER. Ja, ja, das sieht man ihnen an.

CLEON. Nicht wahr, Isabelle, das französische Büchel ist mehr werth, als alle Folianten, die die Deutschen jemals geschrieben haben? ich kann halt keine Viertelstunde bey einem deutschen Buche aushalten. Es ist lauter Geschwätz; einzige paar Verse noch aus dem Hofmannswaldau haben mir einmal gefallen, sonst nichts – nichts auf der Welt mehr.

LEANDER. Hofmannswaldau? Kennen sie keinen als den? Ich dächte doch Gellert? –

CLEON. Er ist wässerig.[26]

LEANDER. Haller?

CLEON. Er ist ein Schwätzer und trocken.

LEANDER. Uz, Gleim, Hagedorn?

CLEON. Nichts sind sie, sage ich ihnen; wenn sie was nutz wären, so müßte ich sie ja kennen. Und mein Urtheil ist richtig, ich habe mich in meinem Urtheile noch nie betrogen.

LEANDER. Das ist nun freylich eine richtige Folge. Welche gefallen ihnen denn unter den Franzosen am besten?

CLEON. Der Corneille passirt, der Racine auch so noch mit. Voltäre wäre sonst brav, wenn er nur keine Tragödien geschrieben hätte. Außer dem Misantrope lese ich den Moliere noch so am liebsten mit.

LEANDER. In der That, die berühmtesten Männer dieser Zeiten haben doch ganz andere Urtheile von diesen Schriftstellern gefället.

CLEON. Gehn sie mit ihren berühmten Männern, es heißen so viele berühmt, die ich in den Sack hinein und wieder heraus schreiben will. Ich finde in den Französischen nicht Witz gnug, wo sollen ihn nun erst die Deutschen herkriegen?

ISABELLE. Ich muß sie verlassen, um meinen Vater –

CLEON. Wir haben ein Wort noch miteinander zu reden, Isabelle. Die Nebenbuhler müßen wegfallen, das sind Heuschrecken. Ha, ha, ha! Was halten sie von dem Einfalle, Leander?

ISABELLE. Ich glaube, da kömmt mein Vater her.


Quelle:
Chr[ristian] G[ottlob] Klemm: Der auf den Parnass versetzte grüne Hut. Wien 1883, S. 26-27.
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