Vierte Szene


[1053] Ein anderes Zimmer.

Prinz Galbino und Donna Solina.


SOLINA. Sie wurden zu laut mein Prinz. Ich mußte weg. Lassen Sie mich!

GALBINO. Nein! Nein! Zu laut Donna! Ha wie kann ich lauter werden, als die Liebe aus meinen Blicken, aus meinem Angesicht spricht. Lassen Sie mich reden! Große, reizende Donna! wenn ich Ihnen sagen sollte – O mir diese Hand! – nur noch einen Augenblick! Wie Donna! – Ja und dieser Federbusch den ich letz, der mich mit Hoffnung hebt wenn er hin und her weht; mich in Verzweiflung stürzt wenn er sich neigt –

SOLINA. Allerliebster Enthusiasmus!

GALBINO. O dieses Wort von diesen Lippen! Will sie küssen. Sie hält ihn zurück. Donna! Donna! Donna! Und hat er Ihnen gesagt – hat Ihnen Graf Drullo gesagt?

SOLINA. Meine Antwort können und sollen Sie in meinen Augen lesen.

GALBINO. Erhörung! und wenn nicht –

SOLINA. Ha was will das Augenrollen? Was für Zuckungen? Lassen Sie mich! Die Herzogin ruft mir. Sie ruft mir – los! los!

GALBINO. Donna, Sie können aus mir machen was Sie wollen. Sie können mein Herz sanft und gut machen – Und wenn diese reizende Lippen, diese glühende Augen mich verwerfen – Gift! Gift durch all mein Blut, und ich verderbe rund um mich.


Tumult und Lärmen hinter der Szene.
[1053]

SOLINA. Ha ihre Stimme, meines Julios Stimme.


Reißt sich los.


GALBINO. Bleiben Sie! Donna! Donna! Ich erwürge, wo Sie von der Stelle gehen.


Herzogin stürzt herein. Julio mit bloßem Degen, Ludovico an der Brust haltend. Drullo und viele.


JULIO. Komm Vetter! Komm! O du Teufel! Dein Gesicht sagte mir in deiner Jugend daß du Giftmischer wirst. Kennen Sie diesen Prinz? Kennen Sie ihn? Ha wie blaß! Kennen Sie ihn? Was zittern Sie? Mörder ist er! Bekenn Vetter!

LUDOVICO. Laß mich los!

JULIO. Wind dich unter mir! Du sollst noch nicht sterben! Bekenn!

GALBINO. Rast ihr zusammen? Wollen Sie ihn lassen?

HERZOGIN dazwischen; fällt der Donna in die Arme. Mörder Donna! Er wollte mir Gift geben der Hofmarschall. Sieh! sieh! wie sie sich zusammen verstehen. Mir Gift? Reißt Ludovico zu Boden. Bekenn! bekenn daß es alle Menschen hören. Brecht herein! – Nagelt ihn an! nagelt ihn durch alle Glieder an, und er soll bekennen.

GALBINO. Entfernen Sie sich! laßt ihn los!

HERZOGIN. Er bitt für ihn. Ha du hast ihn bestellt blasser Galbino? Hast meinen Ämilius ermordet. Ich will dich zu ihm reißen. Jubel! Jubel! die Mörder gefangen! Ha wie sie zittern und beben. O mein Ämilius der erste Freudentag! Wie sie stehn und beben!

GALBINO. Stoßt sie hinaus, sie ist rasend.

HERZOGIN. Rasend! Komm ich will dir's beweisen wie ich rase. Willst du reden! Faßt Ludovico an. Er zieht heimlich einen Dolch hervor. Julio! Julio!

JULIO. O so will ich deine verdammte Seele –


Stößt nach ihm, verwundet ihn.


LUDOVICO. Prinz!

GALBINO. Leg den Degen nieder, du sollst mir für sein Leben bezahlen. Heimlich zu Drullo. Werf den Rotkopf hinaus und gib ihm noch einen.

DRULLO. Soll geschehen.

JULIO dazwischen. Meinen Degen! Ha komm mir einer nah! durch all der Mörder Herz!

SOLINA. Stark Julio! brav Julio! Hülfe!

HERZOGIN. Er rettete mir zweimal das Leben! Was Hämischer![1054] Seinen Degen! Ich will dich zerreißen, der Junge unter meinem Herzen gibt mir Stärke des Löwen.

GALBINO. Er hat ihn zum Mörder bestellt, drum stach er ihn nieder. Ich will ihn rächen. Faßt ihn!

JULIO. Hier steh ich mit euch allen zu rechten. Sie haben Ämilius ermorden lassen – He warum so kleinmütig und zerschlagen als hätte sie sein Geist gefaßt? Rache seiner Asche, und seiner edlen Gemahlin die Regierung. –


Drullo öffnet die Tür. Carlo tritt herein mit seinen Helfern. Pasquino will nach.


CARLO. Sie können nun gehen. Stößt ihn hinaus. Schließt ihn fest!

HERZOGIN. Pasquino! Pasquino. Hülfe meine Freunde!

JULIO. Was zaudert ihr? Ich klage den Prinzen an, er wollte Ämilius' Gemahlin ermorden lassen.

SOLINA. Was hält euch Sklaven zurück?

CARLO. Es ist Zeit daß wir Ihnen das Geheimnis eröffnen. Dieser Julio, mein Prinz, und der alte Pasquino haben sich mit vielen gegen Sie verschworen, aber es fanden sich einige rechtschaffne Kerls, die das Ding anders verstunden, diese sind hier zu Ihrem Dienst.

HERZOGIN. Donna! Donna! betrogen!

SOLINA. Halten Sie sich, werden Sie nicht schwach.

HERZOGIN. Schwach ich? und sehe meine Mörder? Ha! ha! ha! ich will sie alle ermorden. Julio steh fest!

JULIO. So will ich euch Meineidige mein Leben teuer bezahlen.


Drullo winkt Carlo.


GALBINO. Legt ihn in Ketten!

JULIO. Das will mich nur lächern. Einige führen die Herzogin mit Gewalt weg. Laß die Herzogin los wem sein Leben lieb ist. Schlägt sich durch.

GALBINO. Faßt ihn!

CARLO. Sind ihrer mehr draus.

SOLINA. Sind ihrer Sklav! Du siehst Drullo sehr gleich!


Will hinaus.


GALBINO. Bleiben Sie Donna, wenn Sie Julio retten wollen.

SOLINA. Retten? Ha? ha! ha! wen retten? Fürchten wir einen von euch? Wir wollen uns retten, und euer aller lachen. Zieht den Dolch. Nahen Sie sich! Ich bitt Sie mein schöner Prinz, nur einen Schritt näher! Sie verstehn mich doch? Und so leben Sie wohl. Ha! ha! ha! was der Aff die Augen wälzt! Mich[1055] retten! Stark Julio! ich hör dich ferne wüten, deine Donna ist nah. Ab. Galbino ihr nach.

DRULLO. Das Ding ging doch so ziemlich. Wart liebe Donna! Du setzest mir hohe Sachen in Kopf! – Lebst du Rotkopf? Komm ich will dir ein lustiges Märchen erzählen, will sehen ob deine Nerven noch so reizbar sind. Ab.

Quelle:
Sturm und Drang. Band 2, München 1971, S. 1053-1056.
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