An den Kaiser.

Ich übergebe Unserm erhabnen Kaiser dieses vaterländische Gedicht, das sehr warm aus meinem Herzen gekommen ist. Nur Hermann konnte seine Schlacht wärmer schlagen. Sie, gerecht, überdacht und kühn, wie jemals eine für die Freiheit, und deutscher, als unsre berühmtesten, ist es, die gemacht hat, daß wir unerobert geblieben sind.

Niemanden oder dem Kaiser mußte ich ein Gedicht zuschreiben, dessen Inhalt uns so nah angeht. Und diese Zuschrift soll zu denen seltnen gehören, welchen man ihr Lob glaubt. Was sage ich, ihr Lob? Wenn der Geschichtschreiber redet, so lobt nicht er, sondern die That. Und ich darf That nennen, was beschlossen ist und bald geschehen wird.

Der Kaiser liebt sein Vaterland, und Das will Er, auch durch Unterstützung der Wissenschaften, zeigen. Nur Dieß darf ich sagen.

Aber ich wage es noch hinzu zu setzen, daß Er die Werke, welchen Er Unsterblichkeit zutraut, bei den Bildnissen Derer, die sie geschrieben haben, aufbewahren wird.

Mit gleichen Gesinnungen schätzte Karl der Große die Wissenschaften, indem er die Geschichte zu seiner Wegweiserin machte, die Bewegung der Gestirne untersuchte, die Sprache bildete und die Gesänge der Barden nicht länger der mündlichen Ueberlieferung anvertraute, sondern sie aufschreiben ließ, um sie für die Nachkommen zu erhalten.

Die Zeiten Karls waren seiner nicht würdig; ihr eigner geringer Nachlaß und der Verlust des von ihm gesammelten[39] Aelteren zeigen Dieses genug. Ob es unsre Josephs waren, entscheiden zwar nur die künftigen; aber wir dürfen doch, wie mir es vorkommt, gute Ahnungen von dieser Entscheidung haben.

Ich kenne keinen stärkern Ausdruck der Verehrung, mit dem ich mich, bei Ueberreichung dieses Gedichts, Ew. Kaiserlichen Majestät nähern könnte, als daß ich meinem Vaterlande und Ew. Majestät Selbst zu Dem, was Sie für die Wissenschaften thun wollen, Glück wünsche. Niemals bin ich stolzer aus mein Vaterland gewesen, als bei dieser Vorstellung. Und mich däucht, ich höre schon mit dem frohen Beifalle Aller, welche von Werthe urtheilen können, die unentweihte Leier der Dichtkunst erschallen und sehe die Geschichte aufstehn, sie den goldnen Griffel nehmen und sich dem dauernden Marmor nahen. Dieser ganze Erfolg wird desto gewisser seyn, je gerechter es ist, Die, welche sich zudrängen, zu entfernen, und je edler, Die aufzusuchen, die unbekannt zu seyn glauben. Diese wird die schönste der Blumen in dem Kranze Ew. Kaiserlichen Majestät seyn.

Ich würde es nicht wagen, hier von mir zu reden, wenn ich nicht zugleich Ew. Majestät den Namen eines großen Mannes nennen könnte. Ich war Wenigen bekannt, und ich kannte den Grafen Bernstorff gar nicht; dennoch war er es, er mich zu dieser Zeit einem Könige empfahl, dessen Andenken mir auf immer theuer und unvergeßlich seyn wird.

Ich bin mit jeder Empfindung der Aufrichtigkeit und des Vergnügens, welche die freieste Verehrung hat,


Ew. Kaiserlichen Majestät

allerunterthänigster

Friedrich Gottlieb Klopstock.

Quelle:
Friedrich Gottlieb Klopstock: Sämmtliche Werke. Band 6, Leipzig 1844, S. 39-40.
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