Zwölfter Auftritt


[76] Bittermann – Peter – Lotte.


LOTTE. Ha! ha! ha! mein lieber Herr Bittermann, Sie haben sich ein wenig blamiert.

BITTERMANN. Lieber Gott! hochedle Mamsell, man will doch alles ökonomisch einrichten; die hohen Herrschaften sehen das selbst gern.

LOTTE. Ja, aber man muß doch keine Brücken von faulem Holz bauen.

BITTERMANN. Nun, so gar sehr verfault war es doch auch[76] eben nicht. Seine Exzellenz, der Herr Graf, sind nur ein wenig schwer bei Leibe.

LOTTE. Aber warum sprangen Sie denn nicht selbst ins Wasser, um den gnädigen Herrn zu retten?

BITTERMANN. Gott behüte! Ich wäre untergesunken, wie ein Stück Blei. Nein, was deines Amts nicht ist, davon laß deinen Fürwitz. Und ich hatte überdies eben einen wichtigen Brief in der Tasche; der wäre mir ja ganz naß und unleserlich geworden; einen Brief aus Frankreich vom Chevalier – wie heißt er doch nun gleich? Er zieht den Brief hervor, steckt ihn aber gleich wieder ein. Sehn Sie, Sie könnten denken, es wäre nicht wahr. O! der enthält interessante Dinge. Peter maust ihm den Brief aus der Tasche. Die Welt wird erstaunen, wenn das öffentlich bekannt wird, und kein Mensch wird auf den Einfall geraten, daß der alte Bittermann die Hand mit im Spiele hatte.

LOTTE. Nein, wahrlich nicht.

BITTERMANN. Ich muß doch gehen und die chinesische Brücke ein wenig reparieren lassen, wenn etwa die Frau Gräfin Lust haben sollte –

LOTTE. Sich auch ein wenig zu baden?

BITTERMANN. Nicht doch, nicht doch! wir wollens schon befestigen. Gehorsamer Diener, hochedle Mamsell!

LOTTE stolz. Ihre Dienerin! Bittermann ab.

PETER entfaltet den Brief. Da ist der Brief aus Frankreich. Den hat mein Vetter geschrieben.

LOTTE. Ihr Vetter? Wer ist der?

PETER. I herrje, kennen Sie den nicht? Der Schneider Fummel in der Residenz.

LOTTE. Ihr Vetter ein Schneider? Ha! ha! ha! Mein Vater war Hofkutscher.


Ab.


PETER. Nun, da war er auch was Rechts. Aber warum sagt denn der Papa, der Brief käme aus Frankreich? Hm! hm! Was er nun da davon hat? Ab.


Ende des zweiten Aufzugs.
[77]

Quelle:
August von Kotzebue: Schauspiele. Frankfurt a.M. 1972, S. 76-78.
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