124. Herr von Kahlebutz verwest nicht.

Mündlich.

[108] Das Gut Kampehl bei Wusterhausen an der Dosse hat vor langen Jahren einem Herrn von Kahlebutz gehört, der ein gar habsüchtiger, schändlicher Mann gewesen ist, denn er hat sehr häufig die Grenzscheiter der Baueräcker weiter und weiter hinausgerückt, so daß er seinen Acker dadurch immer mehr vergrößert hat. Das hat aber einmal sein Schäfer gesehen und hat es anderen wieder erzählt; da hat er ihn, als er davon Kunde bekam, erschlagen. Man hat aber bald Verdacht auf ihn geworfen und die Sache vor den Richter gebracht; da hat er sich hoch und theuer verschworen, er wolle nimmer im Grabe verwesen, wenn er es gewesen sei, und man hat ihn wieder frei laßen müßen, da kein sonstiges Zeugniß gegen ihn sprach. Als er aber gestorben ist, hat man ihn in einer Gruft an der Kirche beigesetzt und dort ist er zum ewigen Zeichen seiner Schuld bis auf den heutigen Tag unverwest geblieben, und Nägel und Haare wachsen ihm immerfort.

Quelle:
Adalbert Kuhn / W. Schwartz: Norddeutsche Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg, Pommern, der Mark, Sachsen, Thüringen, Braunschweig, Hannover, Oldenburg und Westfalen. Leipzig 1848, S. 108.
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