2.

[193] Mal war ein Förster in Grund, der halle einen einzigen Sohn, das war ein gar frischer Bursche und kein Baum war ihm zu hoch, daß er nicht hinaufgeklettert wäre. Der ist auch mal auf den großen Hübichenstein geklettert, aber wie er oben gewesen, hat er nicht wieder heruntergekonnt. Drei Tage hat er da oben gestanden und sein Vater hat alles mögliche versucht, um ihm herunter zu helfen, aber es ist alles vergeblich gewesen und keine Fahrt, die er angelegt, hat fest liegen wollen, daß er hätte sicher drauf treten können. Als nun endlich die dritte Nacht kam, da hat es der Vater nicht länger mit ansehen können und hat seine Flinte genommen und seinen Sohn herunterschießen wollen. Wie er aber an den[193] Berg kommt, tritt ein Zwerg aus der Klippe heraus, der fragt ihn, was er da wolle. Da erzählt ihm der Vater sein bittres Leid, daß das sein Sohn sei, der da oben stehe und es nun schon die dritte Nacht sei und er nicht wieder herunterkönne; da wolle er ihn nun lieber herunterschießen, daß er nicht hinabstürze und den Hals breche. Wie das der Zwerg hört, geht er zurück in den Berg, kommt aber sogleich mit noch vielen andern heraus, die tragen kleine Fahrten und Grubenlichter, und der, mit dem der Förster gesprochen, hat auch ein großes in der Hand, das ist ganz von Silber. Nun steigen sie den Hübichenstein hinan und sagen dem Förstersohn, er solle nur mitkommen, sie würden ihn schon glücklich hinunterbringen. Da will er erst nicht, denn die Angst hatte ihn ganz seiner Sinne beraubt, aber endlich folgt er ihnen doch und kommt glücklich hinunter. Da haben sie ihn denn mit in ihre Höhle genommen, wo er mit ihnen hat eßen und trinken müßen und dann haben sie ihn reich beschenkt nach Hause entlaßen. Nachher aber hat er von dem Gold und Silber, das er von ihnen bekommen, die Kirche in Grund gebaut.

Quelle:
Adalbert Kuhn / W. Schwartz: Norddeutsche Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg, Pommern, der Mark, Sachsen, Thüringen, Braunschweig, Hannover, Oldenburg und Westfalen. Leipzig 1848, S. 193-194.
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