16. Szene.

[57] Mielisch. Leopold.


LEOPOLD tritt von links auf und will, ein Liedchen trällernd, durch die Mitte abgehen.

MIELISCH tritt Leopold in den Weg. Es freut mich ganz ausnehmend, Sie bei so guter Laune anzutreffen.

LEOPOLD barsch. Was wollen Sie?

MIELISCH. Ihrer gütigen Empfehlung verdanke ich diese angenehme Stellung.

LEOPOLD. Schon gut, ich verlange keinen Dank.

MIELISCH. Und ich möchte doch so gern, daß Sie mich zu Dank verpflichten.

LEOPOLD stutzend. Was heißt das?

MIELISCH. Ich bitte um zweitausend Mark.

LEOPOLD. Sind Sie toll?

MIELISCH. Beinahe scheint es so, denn ich sehe immerwährend Kriminalbeamte hinter mir. Jeden Augenblick fürchte ich, eine schwere Hand auf meiner Schulter lasten zu fühlen und eine rauhe Stimme zu hören, welche mir in die Ohren schreit: Im Namen des Gesetzes! Ich möchte diesem unheimlichen Gedanken gern entfliehen, aber wohin soll man seine Flucht lenken, wenn man kein Geld hat? Ich bitte um zweitausend Mark.

LEOPOLD. Lassen Sie mich in Ruhe, ich habe selber kein Geld.

MIELISCH. O, das ist schlimm. Dann weiß ich meinem bedrängten Gewissen nicht anders Ruhe zu schaffen, als daß ich offen bekenne, daß ich durch Ihre, leider so verführerische, Ueberredungskunst zum Mitschuldigen einer Fälschung geworden bin. Ihren liebenswürdigen, guten Herrn Vater, welcher im Lesen und Schreiben etwas hinter den Anforderungen der Zeit zurückgeblieben ist, zu veranlassen, daß er seinen ehrlichen Namen, anstatt, wie er glaubte, unter einen Brief, auf einen Wechsel setzte! O, wer weiß, mit welcher Summe Sie dieses Akzeptchen ausgefüllt haben?

LEOPOLD. Ich habe den Wechsel gar nicht benutzt, ich habe ihn zerrissen.

MIELISCH. Das ist hübsch von Ihnen. Aber mein Gewissen läßt mir doch keine Ruhe, ich werde Ihrem Herrn Vater alles gestehen.[58]

LEOPOLD bei Seite. Auch das noch! Laut. Mielisch, Sie sind ein Schurke. Sie sollen die zweitausend Mark haben.

MIELISCH. Wann?

LEOPOLD. Morgen.

MIELISCH. Dann werde ich den Druck meines Gewissens noch einen Tag zu ertragen suchen.

LEOPOLD bei Seite. Jetzt bleibt mir keine Wahl mehr. Schnell zu Emilie!


Eilt durch die Mitte ab.

Der Zwischenvorhang fällt.


Quelle:
Adolph L’Arronge: Gesamt-Ausgabe der dramatischen Werke. Berlin 1908, S. 57-59.
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