Erste Szene.


[165] König. Königin. Gallen. Struensee. Ranzau. Köller. Guldberg.

Der König ist im Begriff, die Königin in deren Gemächer links zu führen. Sie ist noch im Reitkostüm, da dieser Akt sich in der Zeit fast unmittelbar an den ersten schließt.


STRUENSEE zur Königin, mit Wärme. Wenn Eure Majestät mich hören wollten, Sie würden mir vergeben. Es gibt nichts Schmerzlicheres, ja Demütigenderes für Struensee, als die Ungnade seiner Königin.

KÖNIGIN. Wir haben noch nie einem Angeklagten Gehör verweigert. Sie geht ab mit dem Könige, nachdem sie ihm eine einladende Bewegung gemacht, die darauf zu deuten scheint, daß er ihr folgen könne. Struensee faßt es so auf, verbeugt sich dankend und bietet der Gräfin Gallen seine Hand, um sie dem königlichen Paare nachzuführen.

GALLEN ergreift seine Hand lebhaft und führt ihn einige Schritte abwärts von der Tür. Alles folgende wird sehr rasch gesprochen. Ich beschwöre Euch, Graf Struensee, verliert nicht noch länger die wichtigste Zeit. Trefft Anstalten gegen den Aufruhr, ehe es zu spät ist. Die Verzeihung der Königin bleibt Euch ja nicht aus, und ist Euch um so sichrer, je rascher Ihr Kopenhagen in Ruhe und Ordnung bringt.

STRUENSEE. Zögert nicht, Gräfin! Je rascher mich die Königin freispricht, desto rascher –

GALLEN. Ich werde unterdes für Euch sprechen, eilt nur, das Dringendste zu tun!

STRUENSEE. Brandt sorgt für Kopenhagen! Und ich fürchte es nicht. Es gibt nichts Dringenderes für mich als die Verzeihung der Königin!

GALLEN. Wahrhaftig?

STRUENSEE. Ich kann nichts denken und nichts tun, bevor sie mir vergeben hat.

GALLEN ihn eine Weile schweigsam anblickend. Weh uns, wenn Eure Feinde recht haben! Sie geht eilig mit ihm dem königlichen Paare nach.


Quelle:
Heinrich Laube: Gesammelte Werke in fünfzig Bänden. Band 24, Leipzig 1908–09, S. 165.
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