Zehnte Szene.


[219] Köller. Guldberg.

Sehr schnell zu sprechen und zu spielen.


GULDBERG Ranzau nachsehend. Ich trau' ihm nicht. – Was gibt's?

KÖLLER. Struensee, dem ich nirgends begegnen kann, soll überall sein. Ohne Larve zieht er seine und Brandts Freunde um sich zusammen, der ganze Saal ist in Bewegung, die Hände sind an den Schwertern, und von blutigem Ausfall gegen eine der Pforten geht die Rede.

GULDBERG. Stehn Eure Truppen nicht fest? Ist das Arsenal nicht unser?

KÖLLER. Das wohl. Aber nach den hinteren Höfen sind unsre Truppen vermischt mit Leuten aus Struensees fliegendem Korps, denen nicht zu trauen ist, und Eichfeldt meldet jetzt, Brandt persönlich habe sich durchgeschlagen, und mehrere Masken, die soeben hastig das Schloß verlassen, hätten sich nach den hinteren Höfen gewendet. Gelingt es ihnen, das fliegende Korps zu sammeln, und drängt Struensee mit den Seinen nach derselben Seite, so bricht er durch. Laßt handeln! Laßt meine Leute mit gefälltem Gewehr in die Säle rücken und ihn lebendig oder tot ergreifen!

GULDBERG. Noch nicht. Wir spielen verwegen genug, das aber wäre tollkühn. Noch hängt des Todes Schwert an einem Haare. Ich habe Vollmacht –

KÖLLER. Ihr habt sie?

GULDBERG. Nur Vollmacht, ihn zu ergreifen, wenn die Aussage der Königin ihn bloßstellt.[219]

KÖLLER auflachend. Der Königin, die ihn beschützt!

GULDBERG. Still! Das ist meine Sorge. – Ans Werk! Sobald die Königin in diesem Saale, eine Rotte Eurer Truppen hinter diesen Vorhang Auf den hintern deutend. niemand darf herein! Will's Struensee erzwingen, so braucht Eure Waffen! Versteht Ihr mich? – Den Ballsaal laßt räumen! Spiel und Tanz sei vorbei, der König sei unwohl!

KÖLNER. Also auf Befehl des Königs?

GULDBERG. Vorsichtig! Der König ist furchtbar, sein Geist ist seit einigen Stunden ununterbrochen frei, und er mißtraut uns nicht viel minder als der Königin und Struensee –

KÖLLER. Vollständige Tat, oder gar keine. Hört! Hier wird er eindringen wollen, wenn er die Königin hier weiß. Mein Degen soll's ihm wehren. Überlebt er auch dies, dann laß ich alle Lichter auslöschen und dort die Balkontüren angelweit öffnen. Ihr, Guldberg, öffnet den Vorhang, und zeigt ihm den offnen Weg zur Freiheit. Draußen auf dem Balkon stehen im Finstern meine Leute, meines Kommandos gewärtig. Ich stehe dort links im Schatten. Sowie er auf der Treppe erscheint, treten meine Leute vor, und mein Kommando lautet: Feuer!

GULDBERG. Das kann nur ein Landsmann! Geht nach hinten.

KÖLLER. Ein Mann, der haßt! An den Vorhang eilend und hinausblickend.

GULDBERG. Das Gericht beginnt, die Königin kommt! Fort!

KÖLLER. Ans Werk!


Quelle:
Heinrich Laube: Gesammelte Werke in fünfzig Bänden. Band 24, Leipzig 1908–09, S. 219-220.
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