Erster Auftritt

[1582] Die Galerie im Palast, sparsam erleuchtet. Hinten liegt Julius' Leiche auf einem Bette und ist mit einem Tuche bedeckt. Ein Tisch mit einigen Leuchtern.

Der Fürst. Ein Arzt.


FÜRST. Keine Hilfe! Keine Hilfe! Gott! Lieber Doktor, die Natur eines Jünglings ist stark, und meine siebenzigjährige Tugend ist auch stark.

ARZT. Ach gnädiger Herr!

FÜRST. Hilft denn nichts? – Nichts im Himmel und auf Erden? Kein Kraut, kein Balsam, nicht das Leben eines alten Mannes, nicht das Blut eines Vaters? – Lieber Doktor, itzt glaub ich Sympathie, und Wunder, und alles! –

ARZT. Meine Kunst ist am Ende.[1582]

FÜRST. Ach was ist es schwer, sein Unglück zu glauben. Noch immer redet eine innre Stimme so helle dawider. Die Stimme eines Gewissens, wenn ich sie kenne.

ARZT. Freilich läßt sich die Einbildung nicht so leicht überreden, daß ein Blitz in einem Augenblick die so lang gesehene Ernte dahingenommen –

FÜRST. Und den Acker in Fels verwandelt habe; denn ich werde keine Freuden mehr tragen! – Gut! ich bin Richter. – Also keine Hilfe Doktor?

ARZT. Für den Prinzen nicht, aber für Sie! – Kommen Sie, gnädiger Herr.

FÜRST. Für mich? – Mir können Sie helfen, und meinem Sohne nicht? – Gehn Sie. Ihre ganze Kunst ist Lügen – Zornig. Gehn Sie!


Arzt ab.


Quelle:
Sturm und Drang. Band 2, München 1971, S. 1582-1583.
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