[1588] Fürst. Guido.
GUIDO. Hier bin ich Vater – ich hasse das Leben, und ich werde mich an Sie halten; Sie haben es mir gegeben. Verbessern Sie nun, was Sie verdorben haben.
FÜRST. Still – tritt näher! Indem er Julius' Gesicht aufdeckt. Kennst du den Leichnam?
GUIDO. Den Tod Vater!
FÜRST. Kennst du den Leichnam?
GUIDO. Ach, ich kenne ihn!
FÜRST indem er Guidos Dolch zu Julius' Füßen aufdeckt. Kennst du den auch?
GUIDO. Nur halb, Indem er darnach greift. aber ich werde ihn ganz kennenlernen.
FÜRST hält ihn ab. Häufe nicht Sünde auf Sünde! – Verflucht sei die Stunde, in der ich mein Weib zum erstenmal sah; – verflucht jeder Tropfen, den die Hochzeitsgäste tranken, jeder Reigen den sie tanzten; verflucht mein hochzeitliches Bette, und seine Freuden!
GUIDO. Fluchen Sie nicht auf Ihr Leben! Ihren Namen wird die Nachwelt mit Ruhm nennen, aber wenn sie meinen kennt, so hat sie ihn an einer Schandsäule gelesen: – den Tod Vater!
FÜRST. Guido, Guido, dacht ich es, du würdest mir zwei Söhne rauben, als die Hebamme zu mir sprach, »Herr, Ihnen ist ein Sohn geboren«, und dich zum erstenmal auf meine Hände legte? Ach Guido, Guido!
GUIDO. Den Tod Vater! ach man hat mich auf ewig aus dem Tempel des Ruhms ausgeschlossen! und vielleicht bin ich es auch aus den Wohnungen der Seligen. – Nur Tod kann mein Verbrechen tilgen, das Brandmark der Sünde an meiner Stirne auslöschen – den Tod Vater!
FÜRST. Daß ich keinen Vater mehr habe! – Armer alter Mann![1588] Liegt doch genausoviel Unglück auf mir, als mein Gehirn tragen kann; gütiger Himmel, gib nur noch ein Quentchen Unglück mehr, als es trägt! Dann seh ich in der Phantasie meine einträchtigen Kinder immer neben mir. Wer über ein Unglück verrückt ist, sieht ja immer das entgegengesetzte Glück – aber ich bin so ausgezeichnet unglücklich, daß das vielleicht nicht einmal bei mir einträfe. Und soll ich doch noch hier eine angenehme Stunde haben, so muß es ja in der Raserei sein. Nicht wahr, Guido?
GUIDO kalt. Es gibt mehr Dolche, auch Feuer und Wasser, Berge und Abgründe. Er will abgehn.
FÜRST. Du sollst sterben – als der Vater meiner Untertanen darf ich es nicht leiden, daß unschuldig Blut auf dem Lande klebe, und Krieg und Pest und alle Landplagen herbeirufe – Von meinen Händen, als ein Fürst, sollst du sterben. Daß aber das nicht unbereitet geschehe, wartet im Nebenzimmer ein Pater auf dich.
GUIDO. Ich bin augenblicklich wieder hier. Ab.
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