Vierte Szene

[39] Frau Hamster. Jungfer Hamster. Jungfer Knicks.


JUNGFER KNICKS. Ich kann's Ihnen vor Lachen nicht erzählen, Frau Rätin, ich muß krank vor Lachen werden. Stellen Sie sich vor: wir gehen mit Jungfer Hamster im Gäßchen hier nah bei, so läuft uns ein Mensch im Wolfspelz vorbei, als ob er durch Spießruten gejagt würde; drei große Hunde hinter ihm drein. Jungfer Hamster bekam einen Schubb, daß sie mit dem Kopf an die Mauer schlug und überlaut schreien mußte.

FRAU HAMSTER. Wer war es denn?

JUNGFER KNICKS. Stellen Sie sich vor, als wir ihm nachsahen, war's Herr Pätus – Er muß rasend worden sein.

FRAU HAMSTER. Mit einem Wolfspelz in dieser Hitze!

JUNGFER HAMSTER hält sich den Kopf. Ich glaube noch immer, er ist aus dem hitzigen Fieber aufgesprungen. Er ließ uns heut morgen sagen, er sei krank.

JUNGFER KNICKS. Und die drei Hunde hinter ihm drein, das war das lustigste. Ich hatte mir vorgenommen heut in die Komödie zu gehen, aber nun mag ich nicht, ich würde doch da nicht soviel zu lachen kriegen. Das vergeß ich mein Lebtage nicht. Seine Haare flogen ihm nach wie der Schweif an einem Kometen, und je eifriger er lief, desto eifriger schlugen die Hunde an, und er hatte das Herz nicht, sich einmal umzusehen ... Das war unvergleichlich!

FRAU HAMSTER. Schrie er nicht? Er wird gemeint haben, die Hunde sein wütig.

JUNGFER KNICKS. Ich glaub, er hatte keine Zeit zum Schreien, aber rot war er wie ein Krebs und hielt das Maul offen wie die Hunde hinter ihm drein – O das war nicht mit Geld zu bezahlen! Ich gäbe nicht meine Schnur echter Perlen darum, daß ich das nicht gesehen.[39]


Quelle:
Jakob Michael Reinhold Lenz: Werke und Schriften. Band 2, Stuttgart 1965–1966, S. 39-40.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Der Hofmeister oder Vorteile der Privaterziehung
Der Hofmeister oder Vorteile der Privaterziehung
Der Hofmeister oder Vorteile der Privaterziehung: Eine Komödie (Suhrkamp BasisBibliothek)