XIV

[51] Gegen Sganarell konnte man nun keine Blutegel mehr loslassen, denn es war klar, daß er mit seinem Balken mühelos eine Menge von Hunden erschlagen würde. Der Bär bewegte sich aber, den Balken immer noch um sich[51] schwingend, in der Richtung zum Walde, wo Ferapont und der berühmte Schütze Flegont im Hinterhalte saßen und wo ihn der Tod erwartete.

Eine wohlgezielte Kugel konnte der Sache ein schnelles Ende machen.

Das Schicksal war aber dem Bären ungemein günstig: nachdem es sich schon einmal in diese Sache hineingemischt hatte, wollte es ihn offenbar um jeden Preis retten.

Im gleichen Augenblick, als Sganarell die Stelle erreichte, wo auf ihn hinter Schneewällen die Kuchenreuterschen Musketen Chraposchkas und Flegonts gerichtet waren, riß der Strick. Der Balken flog wie ein Pfeil aus einem Bogen auf die eine Seite, während der Bär das Gleichgewicht verlor und hinpurzelte.

Denen, die auf dem Felde zurückgeblieben waren, bot sich nun ein neues schreckliches Bild: der Balken fegte die Gewehrstützen und den Schneewall, hinter dem Flegont im Hinterhalte saß, einfach weg und blieb mit dem einen Ende in einem der Schneehaufen stecken. Sganarell verlor aber keine Zeit; er überschlug sich drei oder viermal und ging direkt auf das Versteck Chraposchkas zu ...

Sganarell erkannte augenblicklich seinen Freund, hauchte ihn aus seinem heißen Rachen an und wollte ihn schon ins Gesicht lecken, als plötzlich von der anderen Seite her ein von Flegont abgegebener Schuß knallte. Der Bär entkam in den Wald, und Chraposchka fiel ohnmächtig um.

Man hob ihn auf und untersuchte ihn: die Kugel hatte seinen Arm durchbohrt, in der Wunde steckte aber auch ein Büschel Bärenhaare.[52]

Flegont büßte den Ruf des besten Schützen nicht ein: er hatte ja in großer Hast aus der schweren Büchse ohne Stütze geschossen, es war auch nicht mehr hell genug gewesen, und der Bär und Chraposchka waren allzueng beieinander gestanden.

Unter diesen Umständen mußte auch dieser Schuß, der das Ziel nur um ein Haarbreit verfehlt hatte, als ein Meisterschuß angesehen werden.

So oder anders, – Sganarell war jedenfalls entkommen! Ihn noch am gleichen Abend im Walde zu verfolgen, war ganz unmöglich, am nächsten Morgen aber war der Geist dessen, der hier allein zu befehlen hatte, von einer ganz neuen Stimmung erleuchtet.

Quelle:
Ljesskow, Nikolai: Eine Teufelsaustreibung und andere Geschichten. München 1921, S. 51-53.
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