Hönn, Betrugslexikon

[192] Betrugslexikon, worinne die meisten Betrügereien in allen Ständen nebst den darwider guten Teils dienenden Mitteln entdeckt werden, von G. Paul Hönn, D. F. S. G. Rat und Amtmann in Coburg. Neue und verbesserte Auflage. Coburg 1753. Die erste Ausgabe dieses Werks erschien 1720. Zehn[192] Jahre darauf erfolgte eine zweite, welche der Verfasser mit einer Fortsetzung vermehrte. Nach dieser ist die gegenwärtige abgedruckt worden, doch so daß man die Vermehrungen an gehörigem Orte eingeschaltet hat. Wir können zu ihrem Ruhme nichts sagen als das, was man vielleicht gleich Anfangs zu dem Werke selbst gesagt hat, daß es denen, welche betriegen wollen, eben so nützliche Dienste leisten könne, als denen, welche sich nicht wollen betriegen lassen. Daß ihr sel. Verfasser die alphabetische Ordnung erwählte, daran tat er sehr wohl, weil es gewiß sehr schlecht würde gelassen haben, wenn er Geistliche und Komödianten, Ärzte und Totengräber, Nonnen und Ammen, Nouvellisten und Rattenfänger, Nachtwächter und Musikanten, Bücherschreiber und Drescher, alles unter einander geworfen hätte. Es ist bekannt, daß er auch den Poeten einen Artikel gewidmet hat, wovon die Punkte Nummer 4 und 6 in neuern Zeiten bekräftigt worden und seit 1740 mit folgenden zu vermehren sind: »12) Auch betriegen die Poeten, wann sie den Reim weg lassen, und gewaltig auf ihn schimpfen, um für Dichter angesehen zu werden, welche denken. 13) Wann sie sich mit lateinischen Littern drucken lassen, und ein lateinisches Sylbenmaß nachstümpern, um die Leute zu überreden, als wenn sie den Virgil und Horaz skandieren gelernt hätten. 14) Wann sie sich in Banden zusammen tun, damit, wie der höfliche Grieche sagt, eine Hand die andre wasche, oder mit dem groben Deutschen zu reden, ein Esel den andern kratze. 15) Wann sie den Pegasus, welchen ein Merkur mit Mühe und Not halten kann, anstatt des Bacchus Reitpferd, das ein Silen mit Skorpionen treiben möchte, auf ihre Titel stechen lassen etc.« Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 10 Gr.

Quelle:
Gotthold Ephraim Lessing: Werke. Band 3, München 1970 ff., S. 192-193.
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