Zehnter Auftritt


[327] Lisette. Damis.


LISETTE. Da sehen Sie! so lobten Sie die Leute.

DAMIS. Ah, wann die Leute nicht besser loben können, so möchten sie es nur gar bleiben lassen. Ich will mich nicht rühmen, aber doch so viel kann ich mir ohne Hochmut zutrauen: ich will meiner Braut die Wahl lassen, ob sie lieber einen Doktor der Gottesgelahrheit, oder der Rechte, oder der Arzneikunst, zu ihrem Manne haben will. In allen drei Fakultäten habe ich disputiert; in allen dreien habe ich – –

LISETTE. Sie sprechen von einer Braut? heiraten Sie denn wirklich?

DAMIS. Hat Sie auch schon davon gehört, Lisette?

LISETTE. Kömmt denn wohl ohn unser einer irgend in einem Hause eine Heirat zu Stande? Aber eingebildet hätte ich mir es nimmermehr, daß Sie sich für Julianen entschließen würden! für Julianen!

DAMIS. Größten Teils tue ich es dem Vater zugefallen, der auf die außerordentlichste Weise deswegen in mich dringt. Ich weiß wohl, daß Juliane meiner nicht wert ist. Allein soll ich einer solchen Kleinigkeit wegen, als eine Heirat ist, den Vater vor den Kopf stoßen? Und dazu habe ich sonst einen Ein fall, der mir ganz wohl lassen wird.

LISETTE. Freilich ist Juliane Ihrer nicht wert; und wenn nur alle Leute die gute Mamsell so kennten, als ich – –[327]


Quelle:
Gotthold Ephraim Lessing: Werke. Band 1, München 1970 ff., S. 327-328.
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