[372] Valer. Anton. Chrysander. Damis.
VALER. Wie, Damis? ist es wahr, daß Sie wieder zu sich selbst gekommen sind? – daß Sie von Julianen abstehen?
CHRYSANDER. Ach, Herr Valer, Sie könnten mir nicht ungelegener kommen. Bestärken Sie ihn fein in seinem Trotze. So? Sie verdienten es wohl, daß ich mich nach Ihrem Wunsche bequemte? Mich auf eine so gottlose Art hintergehen zu wollen? – Mein Sohn, widersprich mir nicht länger, oder – –
DAMIS. Ihre Drohungen sind umsonst. Ich muß mich fremden Ländern zeigen, die sowohl ein Recht auf mich haben, als das Vaterland. Und Sie verlangen doch nicht, daß ich eine Frau mit herumführen soll?
VALER. Damis hat Recht, daß er auf das Reisen dringt. Nichts kann ihm, in seinen Umständen, nützlicher sein. Lassen Sie ihm seinen Willen, und mir lassen Sie Julianen, die Sie mir so heilig versprochen haben.
CHRYSANDER. Was versprochen? Betriegern braucht man sein Wort nicht zu halten.
VALER. Ich habe es Ihnen schon beschworen, daß einzig und allein Lisette diesen Betrug hat spielen wollen, ohne die wir von dem Dokumente gar nichts wissen würden – – Wie glücklich, wann es nie zum Vorschein gekommen wäre! Es ist das grausamste Glück, das Julianen hat treffen können. Wie gern würde sie es aufopfern, wenn sie dadurch die Freiheit über ihr Herz erhalten könnte.
CHRYSANDER. Aufopfern? Herr Valer, bedenken Sie, was das sagen will. Wir Handelsleute fassen einander gern bei dem Worte.[372]
VALER. O, tun Sie es auch hier! Mit Freuden tritt Ihnen Juliane das Dokument ab. Fangen Sie den Prozeß an, wenn Sie wollen; der Vorteil davon soll ganz Ihnen gehören. Juliane hält dieses für das kleinste Zeichen ihrer Dankbarkeit. Sie glaubt Ihnen noch weit mehr schuldig zu sein. –
CHRYSANDER. Nu, nu, sie ist mir immer ganz erkenntlich vorgekommen – – Aber was würden Sie denn, Valer, als ihr künftger Mann, zu dieser Dankbarkeit sagen?
VALER. Denken Sie besser von mir. Ich habe Julianen geliebt, da sie zu nichts Hoffnung hatte. Ich liebe sie auch noch, ohne die geringste eigennützige Absicht. Und ich bitte Sie: was schenkt man denn einem ehrlichen Manne, wenn man ihm einen schweren Prozeß schenkt?
CHRYSANDER. Valer, ist das Ihr Ernst?
VALER. Fordern Sie noch mehr, als das Dokument; mein halbes Vermögen ist Ihre.
CHRYSANDER. Da sei Gott vor, daß ich Ihrem Vermögen einen Heller haben wollte! Sie müssen mich nicht für so eigennützig ansehen. – Wir sind gute Freunde, und es bleibt bei dem alten: Juliane ist Ihre! Und wenn das Dokument meine soll; so ist sie um so vielmehr Ihre.
VALER. Kommen Sie, Herr Chrysander, bekräftigen Sie ihr dieses selbst! Wie angenehm wird es ihr sein, uns beide vergnügt machen zu können.
CHRYSANDER. Wenn das ist, Damis; so kannst du meinetwegen noch heute die Nacht fortreisen. Ich will Gott danken, wenn ich dich Narren wieder aus dem Hause los bin.
DAMIS. Gehen Sie doch nur, und lassen Sie mich allein.
VALER. Damis, und endlich muß ich Ihnen doch noch mein Glück verdanken? Ich tue es mit der aufrichtigsten Zärtlichkeit, ob ich schon weiß, daß ich die Ursache Ihrer Veränderung nicht bin.
DAMIS. Aber die wahre Ursache? – Zu Anton. Verfluchter Kerl, hast du dein Maul nicht halten können? Gehen Sie nur, Valer.
Indem Chrysander und Valer abgehen wollen, hält Anton Valeren zurück.[373]
ANTON sachte. Nicht so geschwind! Wie steht es mit Lisettens Ausstattung, Herr Valer? und mit – –
VALER. Seid ohne Sorgen; ich werde mehr halten, als ich versprochen habe.
ANTON. Juchhe! nun war die Taube gefangen.
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