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[403] Martin Krumm. Der Reisende.
MARTIN KRUMM als er den Reisenden gewahr wird, will er wieder umkehren. Hui!
DER REISENDE. Nu, nu, immer näher, mein Freund! – – Bei Seite. Ist er doch so schüchtern, als ob er meine Gedanken wüßte! – – Nu? nur näher!
MARTIN KRUMM trotzig. Ach! ich habe nicht Zeit! Ich weiß schon, Sie wollen mit mir plaudern. Ich habe wichtigere Sachen zu tun. Ich mag Ihre Heldentaten nicht zehnmal hören. Erzählen Sie sie jemanden, der sie noch nicht weiß.
DER REISENDE. Was höre ich? vorhin war der Vogt einfältig und höflich, jetzt ist er unverschämt und grob. Welches ist denn Eure rechte Larve?
MARTIN KRUMM. Ei! das hat Sie der Geier gelernt, mein Gesicht eine Larve zu schimpfen. Ich mag mit Ihnen nicht zanken, – sonst – – Er will fort gehen.
DER REISENDE. Sein unverschämtes Verfahren bestärkt mich in meinem Argwohne. – Nein, nein, Geduld! Ich habe Euch etwas Notwendiges zu fragen –
MARTIN KRUMM. Und ich werde nichts drauf zu antworten haben, es mag so notwendig sein, als es will. Drum sparen Sie nur die Frage.
DER REISENDE. Ich will es wagen – Allein, wie leid würde mir es sein, wann ich ihm Unrecht täte. – – Mein Freund, habt Ihr nicht meine Dose gesehn? – Ich vermisse sie. – –
MARTIN KRUMM. Was ist das für eine Frage? Kann ich etwas dafür, daß man sie Ihnen gestohlen hat? – – Für was sehen Sie mich an? Für den Hehler? Oder für den Dieb?
DER REISENDE. Wer redt denn vom Stehlen? Ihr verratet Euch fast selbst – –
MARTIN KRUMM. Ich verrate mich selbst? Also meinen Sie, daß ich sie habe? Wissen Sie auch, was das zu bedeuten hat, wenn man einen ehrlichen Kerl dergleichen beschuldigt? Wissen Sies?[403]
DER REISENDE. Warum müßt Ihr so schreien? Ich habe Euch noch nichts beschuldigt. Ihr seid Euer eigner Ankläger. Dazu weiß ich eben nicht, ob ich großes Unrecht haben würde? Wen ertappte ich denn vorhin, als er nach meiner Uhr greifen wollte?
MARTIN KRUMM. O! Sie sind ein Mann, der gar keinen Spaß versteht. Hören Sies! – – Bei Seite. Wo er sie nur nicht bei Lisetten gesehen hat – Das Mädel wird doch nicht närrisch sein, und sich damit breit machen – –
DER REISENDE. O! ich verstehe den Spaß so wohl, daß ich glaube, Ihr wollt mit meiner Dose auch spaßen. Allein wenn man den Spaß zu weit treibt, verwandelt er sich endlich in Ernst. Es ist mir um Euren guten Namen leid. Gesetzt, ich wäre überzeugt, daß Ihr es nicht böse gemeint hättet, würden auch andre – –
MARTIN KRUMM. Ach, – andre! – andre! – andre wären es längst überdrüssig, sich so etwas vorwerfen zu lassen. Doch, wenn Sie denken, daß ich sie habe: befühlen Sie mich, – – visitieren Sie mich – –
DER REISENDE. Das ist meines Amts nicht. Dazu trägt man auch nicht alles bei sich in der Tasche.
MARTIN KRUMM. Nun gut! damit Sie sehen, daß ich ein ehrlicher Kerl bin, so will ich meine Schubsäcke selber umwenden. – Geben Sie Acht! – Bei Seite. Es müßte mit dem Teufel zugehen, wenn sie herausfiele.
DER REISENDE. O macht Euch keine Mühe!
MARTIN KRUMM. Nein, nein: Sie sollens sehn, Sie sollens sehn. Er wendet die eine Tasche um. Ist da eine Dose? Brodgrümel sind drinne: das liebe Gut! Er wendet die andere um. Da ist auch nichts! Ja, – doch! ein Stückchen Kalender. – Ich hebe es der Verse wegen auf, die über den Monaten stehen. Sie sind recht schnurrig! – Nu, aber daß wir weiter kommen. Geben Sie Acht: da will ich den dritten umwenden. Bei dem Umwenden fallen zwei große Bärte heraus. Der Henker! was laß ich da fallen? Er will sie hurtig aufheben, der Reisende aber ist hurtiger, und erwischt einen davon.
DER REISENDE. Was soll das vorstellen?[404]
MARTIN KRUMM bei Seite. O verdammt! ich denke, ich habe den Quark lange von mir gelegt.
DER REISENDE. Das ist ja gar ein Bart. Er macht ihn vors Kinn. Sehe ich bald einem Juden so ähnlich? – –
MARTIN KRUMM. Ach geben Sie her! geben Sie her! Wer weiß, was Sie wieder denken? Ich schrecke meinen kleinen Jungen manchmal damit. Dazu ist er.
DER REISENDE. Ihr werdet so gut sein, und mir ihn lassen. Ich will auch damit schrecken.
MARTIN KRUMM. Ach! vexieren Sie sich nicht mit mir. Ich muß ihn wieder haben. Er will ihn aus der Hand reißen.
DER REISENDE. Geht, oder – –
MARTIN KRUMM bei Seite. Der Geier! nun mag ich sehen, wo der Zimmermann das Loch gelassen hat. – – Es ist schon gut; es ist schon gut! Ich sehs, Sie sind zu meinem Unglücke hieher gekommen. Aber, hol mich alle Teufel, ich bin ein ehrlicher Kerl! und den will ich sehn, der mir etwas Schlimmes nachreden kann. Merken Sie sich das! Es mag kommen zu was es will, so kann ich es beschwören, daß ich den Bart zu nichts Bösem gebraucht habe. – Geht ab.
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