Fünfter Auftritt


[673] Das Fräulein. Franziska.


DAS FRÄULEIN. Das ist dein Wachtmeister, Franziska?

FRANZISKA. Wegen des spöttischen Tones habe ich nicht Zeit, dieses Dein nochmals aufzumutzen. – – Ja, gnädiges Fräulein, das ist mein Wachtmeister. Sie finden ihn, ohne Zweifel, ein wenig steif und hölzern. Jetzt kam er mir fast auch so vor. Aber ich merke wohl; er glaubte, vor Ihro Gnaden, auf die Parade ziehen zu müssen. Und wenn die Soldaten paradieren, – ja freilich scheinen sie da mehr Drechslerpuppen, als Männer. Sie sollten ihn hingegen nur sehn und hören, wenn er sich selbst gelassen ist.

DAS FRÄULEIN. Das müßte ich denn wohl!

FRANZISKA. Er wird noch auf dem Saale sein. Darf ich nicht gehn, und ein wenig mit ihm plaudern?

DAS FRÄULEIN. Ich versage dir ungern dieses Vergnügen. Du mußt hier bleiben, Franziska. Du mußt bei unserer Unterredung gegenwärtig sein. – Es fällt mir noch etwas bei. Sie zieht ihren Ring vom Finger. Da, nimm meinen Ring, verwahre ihn, und gib mir des Majors seinen dafür.

FRANZISKA. Warum das?

DAS FRÄULEIN indem Franziska den andern Ring holt. Recht weiß ich es selbst nicht; aber mich dünkt, ich sehe so etwas voraus, wo ich ihn brauchen könnte. – Man pocht – Geschwind gib her! Sie steckt ihn an. Er ists![673]


Quelle:
Gotthold Ephraim Lessing: Werke. Band 1, München 1970 ff., S. 673-674.
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