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1811 | 24. März: Fanny Markus wird in Königsberg als ältestes von neun Kindern des jüdischen Kaufmanns, Bankiers und späteren Stadtrats David Markus und seiner Ehefrau Zipora, geb. Assur, geboren. |
1812 | Im Gefolge des preußischen Toleranzedikts nimmt die Familie den Namen Lewald an (mit Ausnahme des Vaters, der sich erst ab 1831 so nennt). |
1817 | 1. April: Beginn des Besuchs einer Privatschule (bis September 1824). |
1824 | Fanny Lewald muß die höhere Töchterschule verlassen, um sich in Erwartung des künftigen Ehemannes mit Handarbeit und Klavierspiel zu beschäftigen. Die folgenden acht Jahre verbringt sie im Elternhaus. |
1828 | Jugendliebe zu dem jungen Theologen Leopold August Bock. Ihr Vater verweigert jedoch seine Einwilligung zur Heirat. |
1830 | Auf Wunsch des Vaters tritt Fanny Lewald ohne eigene Überzeugung zum Protestantismus über. |
1832 | Fanny Lewald begleitet ihren Vater auf einer Geschäftsreise nach Berlin, Leipzig, Darmstadt, Heidelberg und Baden-Baden. Bekanntschaft mit Ludwig Börne. Winter zu 1833: Aufenthalt im liberalen Haus ihres Onkels Friedrich Jakob Lewald in Breslau. Sie hört erstmals freimütige Unterhaltungen über Politik, Literatur und soziale Fragen und lernt die Schriften des Jungen Deutschland, besonders von Heinrich Heine, Ludwig Börne und Karl Gutzkow, kennen. Unerwiderte Liebe zu ihrem Vetter Heinrich Simon. Die Begegnung bestärkt sie darin, sich nicht auf eine der üblichen Konvenienzehen einzulassen. |
1833 | März: Auf Wunsch des Vaters kehrt sie nach Königsberg zurück. Beginn der »Leidensjahre« (bis 1840). |
1834 | Sie widersetzt sich dem Wunsch der Eltern, sie zu verheiraten. |
1839 | Winter zu 1840: Aufenthalt in Berlin, wo sie bei Verwandten lebt. |
1840 | Wegen der Erkrankung der Mutter kehrt sie nach Königsberg zurück. Beginn der schriftstellerischen Arbeit mit einem Bericht über die Huldigungsfeiern für König Friedrich IV. in Königsberg. Ihr Onkel August Lewald veröffentlicht als Redakteur der Zeitschrift »Europa« ohne ihr Wissen erste Texte (»Modernes Märchen«, 1841). |
1841 | Beginn der Arbeit an ihrem ersten Roman »Clementine«. |
1842 | 6. Dezember: Tod der Mutter. |
1843 | Auf Vermittlung von August Lewald erscheint ihr erster Roman »Clementine« bei F. A. Brockhaus in Leipzig. Dem Wunsch ihrer Familie entsprechend, veröffentlicht sie dieses und die folgenden Werke anonym. »Jenny« (Roman, anonym). Der Roman bringt ihr den Durchbruch auf dem literarischen Markt. Sie gehört neben Ida Gräfin Hahn-Hahn und Luise Mühlbach zu den ersten Autorinnen in Deutschland, die vom Ertrag ihrer schriftstellerischen Tätigkeit gut leben können. Längerer Aufenthalt in Berlin. Bekanntschaft mit Varnhagen von Ense, Henriette Herz, Heinrich Laube, Fanny und Felix Mendelssohn. Von Berlin aus unternimmt sie eine kürzere Reise nach Breslau. »Einige Gedanken über Mädchenerziehung« und »Andeutungen über die Lage der weiblichen Dienstboten« (Aufsätze in: Archiv für vaterländische Interessen oder Preußische Provinzblätter). |
1844 | Besuch des Vaters in Berlin. Anschließend unternimmt sie erneut eine Reise nach Breslau. Wiedersehen mit Heinrich Simon. Reise nach Teplitz, später gemeinsam mit einer Schwester nach Franzensbad. Herbst: Rückkehr nach Königsberg. |
1845 | Ende Februar: Endgültige Übersiedlung nach Berlin, wo sie sich eine eigene Wohnung einrichtet. Bekanntschaft mit Bettina von Arnim, Willibald Alexis, Theodor Mundt, Clara Mühlbach (Mundt) und Therese von Bacheracht, mit der sie später eine enge Freundschaft verbindet. Juni: Beginn der Reise nach Italien. Besuch bei Therese von Bacheracht in Interlaken. Oktober: Ankunft in Rom (»Römisches Tagebuch 1845/46«, Erstdruck 1927). Begegnungen mit Ottilie von Goethe und Adele Schopenhauer, die ihr den Weg in die römische Gesellschaft öffnen. 27. November: Erste Begegnung mit dem Gymnasialprofessor, Literatur- und Kunsthistoriker Adolf Stahr. »Eine Lebensfrage« (Roman, anonym). In dem Roman plädiert sie für Ehescheidung und freie Gattenwahl. »Der dritte Stand« (Erzählung, in: Berliner Kalender für 1846). |
1846 | April: Adolf Stahr verläßt Rom und kehrt zu seiner Frau und den Kindern zurück. Fanny Lewald reist mit Freunden nach Süditalien. 9. Mai: In Süditalien erhält sie die Nachricht vom Tod ihres Vaters. Anfang Oktober: Rückkehr nach Berlin. |
1847 | Unter dem Pseudonym »Iduna Gräfin H... H...« veröffentlicht sie die gegen Ida Gräfin Hahn-Hahn und ihren Roman »Sybille« gerichtete Satire »Diogena« (Roman). »Italienisches Bilderbuch« (Reisebericht). Aufenthalt von Adolf Stahr in Berlin. Fanny Lewald lernt dessen Frau kennen. Jahresende: Aufenthalt in Oldenburg bei der Familie Stahr. |
1848 | Frühjahr: Reise nach Paris. Begegnungen mit Heinrich Heine und Georg Herwegh. April: Rückkehr nach Berlin, wo sie voller Anteilnahme die revolutionären Ereignisse verfolgt. Oktober: Teilnahme an mehreren Sitzungen der Nationalversammlung in der Paulskirche in Frankfurt am Main. Zunehmende Skepsis über die Erfolgsaussichten der Revolution. Beginn des Briefwechsels mit dem Großherzog Carl Alexander von Sachsen-Weimar, den sie bis zu ihrem Tod 1889 führt (gedruckt 1894) |
1849 | »Prinz Louis Ferdinand« (historischer Roman). Aus Enttäuschung über das Scheitern der 1848er Revolution versiegt der emanzipatorische Elan des frühen Werks. An die Stelle der »Tendenzliteratur« tritt das Bestreben nach »wahre Dichtung«. Dennoch setzt sie sich weiter entschieden für die erzieherische und berufliche Gleichstellung der Frau ein. |
1850 | Aufenthalt in Bonn gemeinsam mit Adolf Stahr. Bekanntschaft mit Johanna Kinkel. Mehrmonatige Reise nach England und Schottland. Bekanntschaft mit Arnold Ruge. September–Oktober: Aufenthalt in Paris gemeinsam mit Adolf Stahr und Moritz Hartmann. Novemer: Rückkehr nach Berlin. Bekanntschaft mit Gottfried Keller und Theodor Fontane. »Auf roter Erde« (Roman). »Erinnerungen aus dem Jahr 1848«. |
1851 | »England und Schottland« (Reisebeschreibung). Sommer–Winter: Aufenthalt in Weimar, dann in Jena gemeinsam mit Adolf Stahr. |
1852 | Frühjahr: Rückkehr nach Berlin. Adolf Stahr verläßt endgültig seine Familie und zieht zu ihr. |
1853 | »Wandlungen« (Roman). |
1855 | 6. Februar: Heirat mit Adolf Stahr, der sich im Vorjahr von seiner ersten Ehefrau hat scheiden lassen. Beginn der zwanzigjährigen glücklichen Ehe, die zu ihrem Bedauern jedoch kinderlos bleibt. Gemeinsamer Wohnsitz in Berlin. Ihr literarischer Salon wird zum geistigen Mittelpunkt Berlins. Von Berlin aus unternehmen Fanny Lewald-Stahr und ihr Mann in den folgenden Jahren zahlreiche Reisen innerhalb Deutschlands, nach Frankreich und Italien. |
1856 | »Adele« (Roman). »Die Kammerjungfer« (Roman). |
1858 | »Die Reisegefährten« (Roman). |
1860 | »Das Mädchen von Hela« (Roman). |
1862 | »Meine Lebensgeschichte« (Autobiographie). |
1863 | »Osterbriefe für die Frauen«. |
1864 | »Von Geschlecht zu Geschlecht« (Roman, bis 1866). |
1866 | »Erzählungen« (3 Bände, bis 1868). Herbst: Reise nach Italien (bis 1868). |
1869 | »Ein Winter in Rom« (gemeinsam mit Adolf Stahr). |
1870 | Ihre radikalste emanzipatorische Schrift »Für und wider die Frauen. Die Frauen und das allgemeine Wahlrecht« erscheint. In den folgenden Jahren wird sie zu einer erklärten Monarchistin und Bismarck-Anhängerin. Mit Rücksicht auf die Gesundheit ihres Mannes siedelt sie nach Wiesbaden über. |
1871 | Ihre »Gesammelten Werke« beginnen zu erscheinen (12 Bände, bis 1874). |
1876 | 3. Oktober: Adolf Stahr stirbt in Wiesbaden. Fanny Lewald-Stahr kehrt nach Berlin zurück. |
1880 | »Reisebriefe aus Deutschland, Italien und Frankreich«. In den folgenden Jahren leidet sie zunehmend unter asthmatischen Beschwerden. |
1887 | »Die Familie Darner« (Roman). |
1888 | »Zwölf Bilder aus dem Leben« (Beschreibungen berühmter Zeitgenossen, darunter Johanna Kinkel, Heinrich Heine und Franz Liszt). |
1889 | 5. August: Fanny Lewald-Stahr stirbt im Alter von 78 Jahren in Dresden. Vier Tage später wird sie in Wiesbaden an der Seite Adolf Stahrs beigesetzt. |
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1889 erscheint unter dem Pseudonym Bjarne F. Holmsen diese erste gemeinsame Arbeit der beiden Freunde Arno Holz und Johannes Schlaf, die 1888 gemeinsame Wohnung bezogen hatten. Der Titelerzählung sind die kürzeren Texte »Der erste Schultag«, der den Schrecken eines Schulanfängers vor seinem gewalttätigen Lehrer beschreibt, und »Ein Tod«, der die letze Nacht eines Duellanten schildert, vorangestellt. »Papa Hamlet«, die mit Abstand wirkungsmächtigste Erzählung, beschreibt das Schiksal eines tobsüchtigen Schmierenschauspielers, der sein Kind tötet während er volltrunken in Hamletzitaten seine Jämmerlichkeit beklagt. Die Erzählung gilt als bahnbrechendes Paradebeispiel naturalistischer Dichtung.
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