[12] Wenn Ich dir in diesem nunmehr frembden Vrtheil unterworffenem Ibrahim ein gelehrtes Werck fürställete / würde Ich zu besorgen haben / die neidische Miß-gunst würde so wenig als sonst jhren gifftgefülleten Zahn von Ihm abhalten. Weil aber der Neid nur dem was ruhms-würdig als wie der Schatten dem Lichte nachfolget / hoffe Ich diese meine nidrige Stauden wärden sich keines Donners zu befahren haben. Gleich wol aber wie das Wasser aus dem Macedonischen Flusse Lyncestis eben als der Wein truncken macht; Also wärden manche Neidharte auch von solchen Sachen die wenigern Ruhm verdihnen / aufgeblehet / daß selbige ihrem spitzigen Auslachen und klügelndem Tadeln nicht entrinnen können. Damit nun auch dises mein geringes Trauer-Gedichte / von dem spitzfinnigen durchzihen des scharfsichtigen Momus möchte verschonet bleiben; Wenn dir etwan dise frühe Früchte / wegen zu unahrtiger Erfindungen und nicht gar zu reiner Aus-Rede / all zu sauer schmäkketen / wirstu von Mir dihnstschuldigst ersuchet / du wollest Sie mit der Sonne deines linden Vrtheils etwas besser durchwürken und reiffer machen.
Was in Deutscher Sprache dise Ahrt zu schreiben belanget / wird der gelehrte Läser leicht abnähmen /daß Ich Mir in einem und dem andern einen fürtrefflichen Lands-Mann zu einem Weg-Weiser zu haben Mich nicht geschämet / der hierinnen die Bahn gebrochen / und dässen unterschidene Trauer-Spile Mir nicht alleine unter die Hände sondern auch auf den Schau-Platz kommen. Welchen Ich hiermit samt noch vielen geitzigen Libhabern unserer Mutter-Sprache aufzumuntern gedänke / daß Er die / wie man weis /theils schon verfärtigte / theils noch unter händen wachsende Schrifften der begihrigen Welt nicht länger wolle Mißgönnen. Die Trauer-Geschichte von dem Weltberühmten Ibrahim wird von unterschiedenen /welche sich der Sachen im Außgange erkundiget /aber mit unterschiedenen umbständen und ungleichem Außgange beschrieben.
Ich / wie wol Ich Mich allenthalben an die ausführliche Beschreibung[13] Philip Zesens in seinem aus dem Frantzösischen übersätzten Ibrahim gehalten / hab Ich doch nothwändig mit den meisten Geschicht-Schreibern in dem von seiner Meinung abschreiten müssen /wenn dise / daß Er nicht / Er aber / daß Er unerwürget davon kommen / berichten.
Das Ich aber dise frühzeitige Frülings-Frucht für dem reiffenden Herbste ans Licht gegäben / wirstu Mich disfalls / weil Sie mehr etliche gutte Freunde /als meine eigene Vermässenheit heraus gelokket /desto eher entschuldigen. Wie die ausschlagenden Bäume erstlich die Blätter / die Knospen und die Blüthe / darnach erst die volkommenen Früchte tragen /also wächset in fortpflantzung der Weißheit auch eines nach dem andern. In mittels bleibe Mir ferner bewogen.
Leibzig den 1. Mey des 1653. Jahrs.
Dein
D.C.