[151] Hier kam der Liebste zu Gefahr,
Und bat, dass er ihn nicht anfahr'
Und nicht verletze. Und so bat
Er ihn dehmüthiglich um Gnad'.
Mit Scheu ging zu Gefahr ich dann,
Und bot ihm artig Frieden an.
Doch überschritt ich nicht den Hag,
Weil er mir da im Wege lag.
Ich fand ihn grade aufgestellt,
Er hatte sich zu Zorn verstellt,
'Nen Dornstock hielt er in der Hand.
Ich bückte tief mich wo ich stand,
Und sagte ihm: Herr ich bin hier,
Von Euch Genad' zu bitten mir,
Ich ärg're mich, so viel ich kann,
Daß ich den Zorn Euch fachte an,[152]
Doch bin bereit ich zum Entgelt',
Wenn's zu befehlen Euch gefällt.
Gewiß trug Amor Schuld dabei,
Der läßt mein Herze mir nicht frei;
Doch will ich nimmer selig sein,
Thu' ja ich mehr, was Euch wird reu'n –
Ich würde lieber selbst geplagt,
Eh' ich thu', was nicht Euch behagt.
So bitt' ich Euch, daß Ihr nun schenkt
Genade mir, zu Milde lenkt
Den Zorn, der mich erschreckt zur Zeit.
Und dafür geb' ich Schwur und Eid,
Daß immer ich mich so behab',
Wie nimmer es Euch Aerger gab.
So sei mir denn von Euch vergönnt,
Was Ihr doch nie versagen könnt.
Wollt nur, daß stets in Lieb' ich bleibe,
Denn Andres nimmer ich betreibe;
Ich thu' Euch allen andren Will'n,
Wenn Ihr mir Dieses wollt erfüll'n.
Legt Ihr mir keine Hindrung hin,
So täusch' ich nimmer Euch darin
Denn eher meinen Dienst genießt,
Wer gern es hat, als wen's verdrießt,
Doch wollt' ich nicht um alles Geld
Jemalen thun, was Euch mißfällt.[153]
Gefahr war hart und zäh zu schaun,
Zu sühnen seine üble Laun'.
Und als er mirs gewährt zuletzt,
Hat noch die Rede er gesetzt,
Und sprach in Kürze so zu mir.
Gefahr.
Du bittest nicht so übel hier:
Und ich Dir's wohl gewähren mag.
Wiß' daß ich keinen Zorn Dir trag':
Dein Lieben macht mir wenig Harm,
Werd' ich davon kalt oder warm?
So liebe nur, doch halte Dich
Von meinen Rosen stätiglich.
Denn nimmer wirst Du Gnade schaun,
Wenn je Du übertrittst den Zaun.
Der Liebende.
So ward mir mein Gesuch zu Theil,
Und ich ging und erzählt's in Eil'
Dem Freunde, dem es Freud' gewährt,
Da er's als guter Geselle hört.
Der Freund.
Nun, sagt er, geht ja gut Eur' Sach',
Nun wird Euch hold sein und gemach
Gefahr, der Manchem Gutes thut,[154]
Nachdem er zeigte seine Wuth.
Nun wird er Euch gar gütig sein
Und Mitleid schenken Eurer Pein.
Und nun beachtet nur und seht,
Daß ihr auch recht mit ihm umgeht.
Ich hab's versucht, daß man besiegt
Bosheit und Grimm, wenn man sich fügt.
Der Liebende.
So red'te zu mir sanft und froh
Der Freund der meinen Vortheil so
Bedenkt, wie ich nur selber kann.
Von diesem nahm ich Urlaub dann.
Zur Hecke, die Gefahr umengt
Kehr' ich zurück, weil's sehr mich drängt,
Daß ich die Rose seh' zur Zeit,
Denn nimmer wüßt' ich andre Freud';
Gefahr nun gab gar häufig Acht,
Ob ich auch den Vertrag bedacht.
Jedoch sein Drohn mich schrecken mußt',
Daß ich zu reizen ihn nicht Lust.
So hielt ich mich da lang in Noth
Ihm auszurichten sein Gebot,
Ihn mir zu machen mild und hold,
Doch trug mein Dienst mir schlechten Sold,
Denn sehr verweilet wurde ich.[155]
Und oft wohl weinen sah er mich,
Und daß ich seufzt' und klagte sehr,
Weil er mich quälte gar zu schwer
Dort vor dem Hag', nicht wagt' ich da
Zu kommen mehr der Rose nah.
Da ward's zuletzt denn doch vollführt,
Daß er's an meinem Wesen spürt
Daß Amor gar so hart mir ist,
Und daß in mir nicht Arg' noch List,
Und keine Ungesetzlichkeit,
Doch hegt er solche Grausamkeit,
Daß er sich nicht bemüht zu fragen,
Wenn er mich weinen hört und klagen.
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