[40] Hier sagt der Liebende geschickt,
Mit was der Gott der Lieb' geschmückt.
An sie schloß sich auf einer Seit'
Der Gott der Lieb' – der da gebeut
Den Minnegöttern, wenn er spricht.
Der hält den Liebenden Gericht,
Der dämpft der Leute Stolz fürwahr,
Und Herren werden Knechte gar,
Und Mägdlein werden Mägde dann,
Trifft zu hoffärtig er sie an.
Der Gott der Lieb' von Ansehn glich
Nicht einem Büblein sicherlich.
An Schönheit war er wohl gemeit,
Jedoch zu schließen nach dem Kleid',
Fürcht' ich, daß Manches ihm gebricht.
Sein Kleid, das war von Seiden nicht, –
Ein Kleid von Blumen ihn umschwebt,[41]
Von Minnegöttern schön gewebt,
Mit zierem Schmuck', mit Wappenschild'
Mit Wappenvögeln, Löwenbild'
Und Pardel und noch viel' Gethier,
Das war ringsum des Rockes Zier,
Gemalt mit Blumen jeder Farb',
Mit denen er sich Schmuck erwarb.
Denn aller Blumen Weis' und Art
'Ne Auswahl hier vereinet ward;
Da wuchs wohl eine Blume kaum,
Die hier nicht wär' von Strauch und Baum' –
Nicht veilchen- und nicht himmel-blau,
Nicht roth, nicht weiß, nicht gelb, noch grau.
Manch' Rosen- und manch' Lilien-Blatt
Man auch wohl eingewebet hat.
Von Rosen deckte ihm ein Kranz
Das Haupt. Und Nachtigall'n im Tanz'
Sich flatternd um den Kopf ihm drehn,
Die Blätter zittern von dem Weh'n –
Denn Vögel waren überall –
So Papagei wie Nachtigall,
Ein Lerchen- und ein Meisen-Heer –
Es war, als wenn er 'n Engel wär',
Als kam' er aus des Himmels Mitt'.
Lieb' hatte einen Jüngling mit,
Den hatt' er immer bei der Hand,
Und Süßblick ward er zu benannt.[42]
Er schaute zu, wie da man spielt
Und singt. Zwei türk'sche Bogen hielt
Er aber dar dem Liebegott'.
Von einem Holze war der ein',
Dess' Frucht mag wenig heilsam sein.
Und oben und auch unten schwoll
Der Bogen ganz von Buckeln voll.
Der and're war von Weidenholz',
Gar wohl geschwungen, schön und stolz,
Geglättet war er fein und licht,
Mit Gold beleget reich und dicht.
Da gab's Fraunbilder zier genug,
Und Ritter fein und schön und schmuck.
Die Bogen hielt Süßblick allda,
Der gar nicht wie ein Bub' aussah;
Mit zehen Pfeil'n beim Herrn er stand –
Fünf hielt er in der rechten Hand.
Die Feder und die Kerbe war
An den fünf Pfeilen herrlich gar –
Sie waren all' mit Gold' bespitzt,
Und haarscharf war'n sie zugespitzt,
Um durch und durch zu dringen ein;
Dran thät nicht Stahl noch Eisen sein;
Da hatt' es Nichts, als Gold daran,
Nur grad' die Federn und die Spann':
Da war'n die bärt'gen Pfeil' von Gold'
Hineingefügt und eingerollt.[43]
Der best' und schnellste zum Gebrauch
Von diesen Pfeil'n – der schönste auch –
Und welchem auch am schönsten ließ
Der Schmuck der Feder – Schönheit hieß. –
Der zweit' – am Mindsten macht er wund,
Hieß Einfachheit, das ward mir kund,
Und Unbefangenheit genannt
War einer noch, um den sich wand
Als Feder Frisch' und Adlichkeit.
Ein vierter hieß Geselligkeit.
Und das war ein gesenkter Pfeil,
Nicht weit zu fliegen war sein Theil –
Doch wer nur nah ihn in sich trug,
Dem that er immer an genug.
Der fünfte – Artigkeit hieß der,
Der traf von all'n am Mindsten schwer:
Nicht, daß er groß viel Gutes macht,
Doch hat er allso huldvoll Acht –
Daß der, den dieser Pfeil verletzt
Am eignen Weh sich fast ergetzt –
Er lässt beinahe völlig heil,
Drum macht am Mind'sten Schmerz der Pfeil.
Fünf and're Pfeile trug die Link' –
Die hatten Deutung schlechter Ding' –
Und schwärzer war ihr Holz und Stahl
Als wie der Höllenteufel Zahl.[44]
Der erste – Hoffarth nennt sich der,
Der zweite taugte nicht viel mehr,
Es war sein Name Schurkerei –
Und der war von Verrätherei
Durchzogen und mit Gift gebannt,
Der dritte aber hieß nun Schand',
Der vierte hieß Verzweiflung jetzt.
Der fünfte aber und der letzt';
Der war wohl Wahnwitz ohne Frag'.
Die fünfte war'n von einem Schlag'
Und glichen all' sich gänzlich fast.
Und ihnen auch war angepaßt,
Der eine Bogen, der war krumm,
Von Knoten voll und schief rundum;
Der mußte tragen diese Pfeil',
Denn sie war'n ganz das Gegentheil
Ohn' Zweifel von dem andren Bund'.
Ich kann nun thun nicht Alles kund
Von ihrer Stärke, ihrer Macht,
Es wird mit Wahrheit und Bedacht'
Noch Jed's erzählt – was es bedeut'
Geräth nicht in Vergessenheit.
Bevor ich meine Kunde schließ'
Bedeut' ich Euch noch alles dies.
Doch jetzt beschäftigt mich noch ganz[45]
Jene Gesellschaft in dem Tanz'
Daß ich die Wendungen beschreibe
Und all' das Wesen und Getreibe:
Der Gott der Lieb' hat sich gekehrt
Zu einer Fraue hold und werth
Gar traulich hin zu ihr er kam,
Und Schönheit war der Frauen Nam'.
Und wider einen jeden Pfeil
Hatt' sie ein gutes Tugendtheil.
Sie war nicht dunkel, war nicht braun,
Licht war sie, wie der Mond zu schaun,
Dagegen auch die Sternelein
Erscheinen nur als Lichter klein.
Die Haut die war so fein wie Thau
Und einfach war sie wie 'ne Frau,
Die schon verlobt – wie Lilien rein –
Und ihr Gesicht war weiß und fein.
Und wie sie fein und lieblich blinkt,
War sie gesalbt nicht, noch geschminkt,
Auch hatt nicht Grund sie sicherlich,
Zu putzen, zu verstellen sich.
Das Haar war blond und war so lang,
Daß tief es zu den Fersen drang –
Schön war die Nas' und Aug' und Mund.
Mich faßte Wonn' in Herzens Grund',
So Gott mir helf' – so oft ich denk',[46]
Wie schön jed' Glied' und jed' Gelenk;
So Schöne gab's nicht unter'm Mond.
Kurzum sie war ganz jung, ganz blond,
Herzlieblich, offen, frei und zier,
Und voll und niedlich – edel schier.
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