Fünfter Auftritt

[41] Die Vorigen. Adelhof.


ADELHOF. Kann ich den berühmten Waffenschmied Hans Stadinger sprechen?

STADINGER. Was ist denn das für eine Figur?

GEORG leise zum Grafen. Das ist der Kundschafter des Fräuleins.

GRAF. Still!

STADINGER. Ihr seht den Herrn des Hauses vor Euch. Was steht zu Euren Diensten?

ADELHOF. Fürs erste erlaubt, daß ich mich setze. Man gibt ihm einen Stuhl. Für sich. Ich muß die Sache schlau einfädeln. Laut. Ihr seid doch derselbe, der sich um das Wormser Tierreich so verdient gemacht hat?

STADINGER geschmeichelt. Man sagt so. Ich habe allerdings eine bedeutende Praxis. Erst gestern habe ich bei meinem Nachbar zwei Ziegen –

ADELHOF. Ganz recht. Für sich. Das schmeichelt ihm. Nur immer schlau. Laut. Ihr habt ja auch eine schöne Tochter?

STADINGER. Ei, wie kommt denn der Herr mit einmal von des Nachbars Ziegen auf meine Tochter?[41]

ADELHOF. Das soll Euch gleich klarwerden – Für sich. Nur schlau. Laut. Kennt Ihr den Ritter Liebenau?

STADINGER. Aha! Will's da hinaus?

MARIE UND GRAF. Was werd ich hören?

GEORG. Aha!

STADINGER. Nun, was soll's mit dem?

ADELHOF. Der stellt Eurer Tochter nach.

STADINGER lachend. Was Ihr mir sagt! – Das ist mir etwas ganz Neues.

ADELHOF. Ich bin daher gekommen, um Euch zu warnen, denn der Ritter ist ein liederlicher Lump.

IRMENTRAUT UND MARIE. Das ist nicht wahr!

GRAF auffahrend. Höll' und Teufel!

GEORG leise. Herr Ritter, mäßigt Euch.

GRAF laut. Wer hat ihn Euch so geschildert?

STADINGER. Ruhig, was geht denn das dich an?

ADELHOF den Grafen musternd. Aha! Das ist ja wohl am Ende der Bewußte.

GRAF für sich. Wär ich verraten?

STADINGER. Wollt Ihr mir nicht vor allen Dingen erklären, was Euch meine Tochter und mein Haus angehen?

ADELHOF. Damit kann ich dienen. Ich will Eure Tochter verheiraten, denn ich habe einen Mann für sie.

ALLE außer Adelhof. Was ist das?

Nr. 6. Sextett


MARIE, IRMENTRAUT, GRAF, GEORG UND STADINGER.

Der Mann scheint nicht bei Sinnen,

er tritt zur Tür herein

und will, seltsam Beginnen,

des Hauses Vormund sein.

ADELHOF beiseite.

Man hält mich für von Sinnen,

kaum trete ich hier ein,

will ich, seltsam Beginnen,

des Hauses Vormund sein.

STADINGER.

Erklärt vor allem mir genau:

Was tut hierher Euch führen?[42]

ADELHOF.

Der Ritter Graf von Liebenau

will Euer Kind verführen.

GRAF vortretend.

Das ist nicht wahr.

STADINGER.

Was weißt denn du?

GEORG zum Grafen.

So schweigt doch!

MARIE UND IRMENTRAUT.

Konrad hat recht.

STADINGER zu Marie.

Du bist ganz stille zu Irmentraut und du auch.

Zu Adelhof. Wer sendet Euch denn, sprecht?

ADELHOF.

Das, lieber, guter Mann,

geht Euch hier gar nichts an.

STADINGER.

Den Teufel auch geht's mich was an.

MARIE, STADINGER. Ha, das begreife, wer es kann.

IRMENTRAUT. Ha, das begreife, wer es kann.

GRAF, GEORG. Ha, das begreife, wer es kann.

ADELHOF.

Nun ist ein Bursch' in Eurem Haus,

er soll sich Konrad nennen

und lange schon für Euer Kind

in heißer Lieb' entbrennen.

MARIE, GRAF UND GEORG.

O weh!

STADINGER.

Zum Kuckuck, ist das wahr?

ADELHOF.

Ja, ja, die Sach' ist richtig.

STADINGER.

Wie? Was?

MARIE, GRAF UND GEORG zu Adelhof.

Was wißt denn Ihr?

IRMENTRAUT zu Stadinger.

Er hat ganz recht,

lest ihm den Text nur tüchtig.

STADINGER.

Ich werde stumm.

MARIE, GRAF UND GEORG.

Was weißt denn du?

ADELHOF.

Sie lieben sich.

IRMENTRAUT.

Sie lieben sich.

STADINGER.

Vor Wut möcht ich ersticken!

ADELHOF.

Sie küssen sich.

IRMENTRAUT.

Sie küssen sich.

STADINGER.

Und hinter meinem Rücken!

Sehr nett, sehr fein,

mein sittsam Töchterlein!

Doch halt, ich red ein Wörtchen drein.

Alles im stillen so nett abgekartet,[43]

Mordelement, darauf hätt ich gewartet!

Daraus wird nichts, daraus wird nichts!

Da hab ich einen andern Plan.

MARIE, GRAF UND ADELHOF.

Laßt Euch bedeuten, laßt Euch bedeuten,

seid nicht so wild und höret uns an.

IRMENTRAUT UND GEORG.

Was soll das heißen? Was soll das heißen?

Er sagt, es gilt einen andern Plan?

ADELHOF.

Laßt Euch bewegen, gebt Euren Segen,

Konrad muß ihr Gatte sein.

MARIE, GRAF UND GEORG.

Laßt Euch bewegen, gebt Euren Segen,

lieber Vater willigt ein.

lieber Meister willigt ein.

IRMENTRAUT.

Gebt meinetwegen Ihr Euren Segen,

lieber Meister, willigt ein!

STADINGER.

Nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein!

Ich sage nein für immerdar, nein, nein, nein, nein!

ADELHOF ärgerlich.

Ei, so hol dich doch der Teufel,

eigensinn'ger alter Narr!

STADINGER außer sich.

Alter Narr! Ein Wormser Bürger!

Mir das in meinem eignen Haus!

MARIE, IRMENTRAUT, GRAF UND GEORG.

O weh, o weh, nun ist es aus.

STADINGER.

Er hat die Wahl, nun fliegt Er gleich

zur Türe oder zum Fenster hinaus,

zum Fenster oder zur Türe hinaus,

wo Er will!

MARIE, IRMENTRAUT, GRAF UND GEORG.

Seinen Zorn so heftig zu erregen,

war gefehlt und unbedacht;

ihn zur Sanftmut wieder zu bewegen,

walte nun der Schlauheit ganze Macht.

Darum Mut und Vertraun,

ist auch das Ziel noch weit.

Wahre Lieb' kein Opfer scheut!

ADELHOF.

Seinen Zorn so heftig zu erregen[44]

hätt ich nimmer mir gedacht;

ihn zur Sanftmut wieder zu bewegen,

walte nun der Schlauheit ganze Macht.

Glaubte schon, die Sache wär

sogleich in Richtigkeit –

doch vom Ziel bin ich noch weit!

STADINGER für sich.

Meinen Zorn so heftig zu erregen,

war sehr dumm und unbedacht;

mag er sich nun auch auf's Bitten legen,

alles bleibt, wie ich's gesagt.

Glaubet wohl, die Sache wär'

sogleich in Richtigkeit –

draus wird nichts in Ewigkeit!

ADELHOF.

Hört mich nur an –

STADINGER.

Ich will nicht, nein.

ADELHOF.

Es gilt ja Eures Kindes Glück –

MARIE UND GRAF.

Es gilt mein Glück –

Es gilt ihr Glück –

STADINGER.

Die Sorg' ist mein!

Entfernet Euch im Augenblick.

ADELHOF.

Ihr seid so grob –

STADINGER.

Nicht so wie Ihr.

ADELHOF.

Drum gehe ich.

STADINGER.

Da ist die Tür. In meinem Hause duld ich nicht,

daß man von alten Narren spricht.

MARIE, IRMENTRAUT, GRAF UND GEORG.

Seinen Zorn so heftig zu erregen,

war gefehlt und unbedacht;

ihn zur Sanftmut wieder zu bewegen,

walte nun der Schlauheit ganze Macht.

Darum Mut und Vertraun,

ist auch das Ziel noch weit.

Wahre Lieb' kein Opfer scheut.

ADELHOF.

Seinen Zorn so heftig zu erregen

hätt ich nimmer mir gedacht;

ihn zur Sanftmut wieder zu bewegen,

walte nun der Schlauheit ganze Macht.[45]

Glaubte schon, die Sache wär

sogleich in Richtigkeit –

doch vom Ziel bin ich noch weit!

STADINGER für sich.

Meinen Zorn so heftig zu erregen,

war sehr dumm und unbedacht;

mag er sich nun auf's Bitten legen –

alles bleibt, wie ich gesagt.

Glaubte wohl, die Sache wär

sogleich in Richtigkeit –

draus wird nichts in Ewigkeit!

STADINGER treibt den Ritter zur Mitte und Marie und Irmentraut zur Seite ab. Er selbst entfernt sich durch die Mitte.


Quelle:
Albert Lortzing: Der Waffenschmied. Stuttgart 1963, S. 41-46.
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Der Waffenschmied: Original
Der Waffenschmied: Ouvertüre. Klavier. (Edition Schott Einzelausgabe)

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