Vierter Auftritt.


[38] Möller. Die Vorigen.


STEIN. Sie, Möller? Wie sieht's aus? Er gibt nach?

MÖLLER. So wenig, daß er Ihnen vielmehr sagen läßt, Sie könnten ihn gar nicht absetzen.

STEIN. Ich könnte nicht? – Ruhiger. Wenn er noch meinte, ich könnt' es nicht wollen. – Und Sie haben alles versucht?

MÖLLER. Alles.

STEIN. Auch mit dem Buchjäger gedroht? Als sollte der Förster werden, als sollten Sie dem sogleich die Bestallung bringen, wenn –

MÖLLER. Als sollt' ich? – Mein Auftrag klang bestimmter. Ich bringe Ihnen den gehorsamsten Dank des Buchjägers; er nimmt die Stelle an.

STEIN. Er nimmt – er nimmt sie an? Er nimmt sie wirklich an? Was das für ein dienstwilliger Mensch ist, der Buchjäger! Und Sie dazu – mit Ihrer Eile. – Sind Sie ganz des Teufels, Herr? Ein Schreckschuß sollt' es sein für den Ulrich.[38] Der sollte vernünftig werden – nachgeben. Und wenn ich's in der Hitze so gesagt hätte, wie Sie's verstanden, so hätten Sie's anders verstehen müssen. Sie wissen, daß ich im Herzen nicht daran denke, den alten Mann da, der tausendmal mehr wert ist – aber Sie haben's auch, Sie haben's richtig verstanden, aber – ich erinnre mich nun zu spät, Sie haben immer gegen diese Heirat gesprochen.

MÖLLER. Ich habe zwanzig Jahr' der Firma Stein und Sohn gedient, Zeit genug, einmal zu erfahren, daß man auch zu gewissenhaft dienen kann. Ich habe nichts gethan, als buchstäblich Ihren Auftrag erfüllt. Und wenn Sie mich dennoch verkennen wollen, so muß das mein Trost sein: Ich habe der Würde von Stein und Sohn nichts vergeben. Er setzt sich zur Arbeit.

STEIN. So mag's Ihnen die »Würde von Stein und Sohn« danken, was Sie da gemacht haben, ich nicht. Pause. Aber freilich; bei Licht besehn, was war auch anders zu thun? nach dem, was vorgegangen war. Beruhigen Sie sich nur. – Ich hab' einmal den Herrn geltend gemacht –

PASTOR. Der obendrein noch so neu ist.

STEIN. Ich hab' einmal die verwünschte Wahl gestellt. Vor dem alten Wilkens da. Ich kann doch nicht – So ein verwünschtes rasches Wort! Und das man nicht einmal recht innerlich ernst gemeint hat und das nun zum Schicksal wird, das uns zwingt, das unser Herr wird, weil wir uns nicht die Mühe gaben, sein Herr zu sein –

PASTOR. Ja, der Besonnenheit wird es verwünscht schwer, für die Schulden einzustehen, die die Hitze gemacht hat. Warum haben Sie auch nicht wie gewöhnlich bloß unter vier Augen gezankt!

STEIN der Schritte gemacht. Nein, es geht nicht. – Und dennoch, wenn ich an die hitzigen Jungen denke – Möller, schicken Sie doch gleich nach meinem Robert, lassen Sie ihn suchen; ich hätte mit ihm zu reden.


Möller geht und kommt bald wieder.
[39]

STEIN. Ich kann dem alten Eigensinn nicht helfen; dasmal muß er zu Kreuze kriechen. Ich kann mein Wort nicht zurücknehmen, das muß er selbst einsehn. Und nunmehr kann er auch zu Verstande gekommen sein. – Aber damit er sieht, daß ich bereit bin, zur Versöhnung zu thun, was ich nur irgend kann, ohne mich zu blamieren – wie wär's, Pastor, wenn Sie zu ihm gingen? Die Stelle freilich, die muß er vor der Hand aufgeben – aber seinen bisherigen Gehalt, den kann er – ja, den soll er verdoppelt fortbeziehn; er mag ihn einstweilen als eine Pension ansehn. Ich dächte – er ist doch die Hauptschuld an der Geschichte – damit bezahlt' er seinen Teil daran billig genug.

PASTOR. Ich mache mich gleich auf den Weg.

STEIN. Und ich begleite Sie ein Stück. Muß ich doch nicht ganz allein promenieren. Beide links ab.


Quelle:
Otto Ludwig: Werke. Leipzig und Wien [1898], S. 38-40.
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