Vierter Auftritt.


[58] Wirt. Andres.


ANDRES schrickt auf. Acht? – Nun kann der Wilhelm kommen.

WIRT naht sich Andres ängstlich. Sie sind ein braver Mensch; Ihnen kann ich meine Angst ausschütten. Das ist eine greuliche Brut, die da eben gingen. Worte sind gefallen! Der Buchjäger ist betrunken im Heimlichen Grund und der Lindenschmied, sein Todfeind, ihm nach. Unter Reden! Er sprach von Fingerkrummachen. Und der Mensch ist zu allem fähig.

ANDRES. Er meint, der Lindenschmied will dem Buchjäger ans Leben?

WIRT. Aber gesagt hab' ich's nicht. Wenn ich's anzeige, brennen die mir das Haus über dem Kopf zusammen. Und wenn ich nichts thu' – Macht Schritte.

ANDRES wollte aufstehn, setzt sich wieder. Um den? – Mag ihm geschehn, was Gott zuläßt. Um den geh' ich nicht.

WIRT wie vorhin. Was ich nur anfang da?

ANDRES. Der Vater sagt: Wenn's Hülfe gilt, muß jeder tüchtige Mensch einstehn und nachher erst fragen: wem hab' ich geholfen?

WIRT. Ob ich's doch anzeige? Aber –

ANDRES steht rasch entschlossen auf. Ich gehe. Ich will sehn, ob ich ihn finde, den Buchjäger. Dem Wilhelm wird ja nichts geschehn. Sind nur die paar Schritte bis heim. Was such ich da nur? Mein Tuch. Da in den Schläfen hämmert's und saust. Wo hab' ich's doch? – Ich hab's um die Flinte gebunden. Da er die nicht findet. Aber wo ist meine Flinte?[58]

WIRT. Ihre Flinte fehlt?

ANDRES. Hier hatt' ich sie angelehnt. Die mit dem gelben Riemen.

WIRT. Die hab' ich erst noch lehnen sehn.

ANDRES. Hat Er sie vielleicht aufgehoben?

WIRT. Ich? Nicht angerührt. Allmächtiger Gott! Wenn der Lindenschmied – Sie lagen, und ich zählte just – Was ist da zu machen?

ANDRES. Nichts. Ich geh' ohne Flinte. Ich hab' nicht Zeit, eine andere zu Hause zu holen.

WIRT. Aber unbewaffnet –

ANDRES. Laß Er nur. Wenn mir nur nicht noch schlimmer wird da auf der Brust. In der Thür. Wenn ich nur nicht zu spät komme! Draußen. Gute Nacht, Meister Wirt. Sie sind beide unterdes abgegangen.



Verwandlung.

Im Heimlichen Grund.



Pittoreske Waldschlucht; hinten querüber der Bach, jenseits desselben Felsen, an welchen ein steiler schmaler Weg mit dem Bache gleichläuft; Dämmerung.


Quelle:
Otto Ludwig: Werke. Leipzig und Wien [1898], S. 58-59.
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