|
[334] Iris und Neptunus.
IRIS. Neptun! Jupiter will, daß du die von Sizilien abgerissene herumirrende Insel, die bis jetzt noch unter dem Wasser schwimmt, anhalten und heraufziehen sollst, so daß sie mitten im Ägäischen Meere sichtbar werde und auf einer dauerhaften Grundfeste ruhig sitzen bleibe.
NEPTUN. Es soll geschehen, Iris. Aber was kann es ihm nützen, wenn sie nun über dem Wasser ist und still steht?
IRIS. Latona soll sich auf dieser Insel ihrer Bürde entledigen, und es ist hohe Zeit; denn sie hat schon starke Wehen.
NEPTUN. Wie? kann sie denn nicht ebensogut im Himmel gebären? oder, falls auch dort kein Platz wäre, hat denn die ganze Erde nicht Raum genug für die Kinder, die sie gebären wird?
IRIS. Nein! denn Juno hat die Erde mit einem großen Eide gebunden, der kreißenden Latona keinen Ort zum Gebären einzuräumen. Zum Glück ist diese Insel nicht unter dem Eide begriffen, weil sie damals noch unsichtbar war.
NEPTUN. Nun versteh ich's! – Halt, Insel! tauche aus der Tiefe auf, und fahre nicht länger herum, sondern befestige dich und empfang in deinem Schoße, o du Glücklichste, die Zwillingskinder meines Bruders, die schönsten aller Götter! – Ihr, Tritonen, fahret Latonen herüber! und die heiterste Stille ruhe auf der ganzen See! Den Drachen aber, der sie bisher geängstigt und von einem Orte zum andern getrieben hat, werden, sobald sie entbunden ist, ihre Neugebornen verfolgen und Rache für ihre Mutter an ihm nehmen. – Du, Iris, melde Jupitern, daß seine Befehle vollzogen sind. Delos steht; Latona kann kommen und gebären, wenn sie will.[334]