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[325] Neptunus und Alpheus.
NEPTUN. Wie geht das zu, Alpheus, daß du der einzige Fluß bist, der, nachdem er ins Meer gefallen ist, sich mit dem salzichten Wasser desselben nicht vermischt, wie es bei allen andern Flüssen Sitte ist, sondern darin gleichsam gerinnest und deinen Strom immer süß erhältst und rein und unvermengt forteilest. Man dächte, du tauchest dich bloß unter, wie die Meerschwalben und Reiger, um irgendwo wieder ans Tageslicht hervorzukommen.
ALPHEUS. Ich muß gestehen, Neptun, daß ein verliebtes Geheimnis dahinter steckt. Du wirst mir's zugute halten, da du selbst so oft geliebt hast.
NEPTUN. Ist deine Geliebte eine Sterbliche oder eine Nymphe, oder sollte es gar der Nereiden eine sein?
ALPHEUS. Keines von allen dreien, es ist eine Quelle, Neptun.
NEPTUN. Und in welcher Gegend der Erde fließt sie denn?
ALPHEUS. Sie ist eine Insulanerin, aus Sizilien, Arethusa genannt.
NEPTUN. Ich kenne diese Arethusa, mein lieber Alpheus, sie ist nicht häßlich; im Gegenteil, sie sprudelt, so rein und durchsichtig wie Kristall, aus einem feinen Sandgrunde hervor, und ihr Wasser rieselt gar anmutig wie lauteres Silber über die Kieseln weg.
ALPHEUS. Ich sehe, du kennest sie sehr gut, Neptun. Zu ihr also bin ich im Begriffe zu eilen.
NEPTUN. So zieh im Frieden und sei glücklich in deiner Liebe! Nur das einzige sage mir noch, wie du Arethusen zu Gesichte[325] bekommen konntest, da du ein Arkadier und sie eine Syrakuserin ist?
ALPHEUS. Ich bin eilig, Neptun, und du hältst mich mit unnützen Fragen auf!
NEPTUN. Das ist auch wahr! Eile dann, von mir ungehindert, deiner Geliebten zu und tauche deines Gefallens wieder aus dem Meer auf; und mögest du dich in wechselseitiger Ergießung mit deiner geliebten Quelle vermischen, um in einem Strom ewig in ebendemselben Bette mit ihr fortzufließen!